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Münch kommt zurück – als Angeklagter

Sachsen-Anhalts ehemaliger Regierungschef Werner Münch steht ab heute vor Gericht. Er hatte sich einen „Zonenzuschlag“ genehmigt und dabei ein zu hohes Gehalt erschlichen  ■ Aus Magdeburg Uwe Ahlert

Noch wenige Tage vor seinem Rücktritt als Regierungschef von Sachsen-Anhalt zeigte Werner Münch keinerlei Unrechtsbewußtsein. „Wenn ein Abgeordneter eine steuerfreie Aufwandsentschädigung erhält und niemand deren Verwendung kontrolliert, dann ist es doch völlig egal, ob er sich davon Fachliteratur kauft oder seine Frau mit einem Brillantring erfreut“, fand er. Der Landesrechnungshof hatte Münch und seinen Ministern Hartmut Perschau (CDU, Inneres), Werner Schreiber (CDU, Soziales) und Horst Rehberger (FDP, Wirtschaft) in einem Gutachten vorgeworfen, sich mit falschen Angaben über frühere Einkünfte zu hohe Amtsgehälter erschlichen zu haben.

Knackpunkt war eine teilweise widersprüchliche Gesetzeslage. Nach dem Ministergesetz des Landes stand allen Regierungsmitgliedern, ganz gleich, ob sie ostdeutscher Herkunft oder aus dem Westen importiert waren, durchgängig nur das reduzierte Ostgehalt zu. Die Regierung Münch brüstete sich mit dem Verweis auf dieses Gesetz gern der Bescheidenheit. Allerdings hatte das Ministergesetz noch einen kleinen Zusatz. Näheres, so hieß es nämlich in der damals gültigen Fassung des Gesetzes, regeln die jeweiligen Haushaltsgesetze.

Und in denen versteckte die Regierung Münch zwischen 1991 und 1993 jedesmal einen Zusatz, durch den die Wessis am Kabinettstisch Zulagen bis zur vollen Höhe des Westtarifs erhalten können. Dazu mußten sie allerdings nachweisen, daß sie vor ihrem Wechsel in den wilden Osten „höhere Bruttovergütungen“ hatten, als ihnen nun an der Elbe zugestanden hätten. Alle vier, so monierte damals der Landesrechnungshof, hatten neben ihren früheren Diäten als Landtags-, Bundestags- und Europaabgeordnete auch die steuerfreien Aufwandsentschädigungen zu den eigenen „früheren Bruttoeinkünften“ umgerechnet. Und weil das bei Münch und Schreiber immer noch nicht ausreichte, um beim Dienstgehalt auf Westniveau zu kommen, soll Münch auch noch Gruppen- und Informationsmittel, die das Europäische Parlament an seine Fraktionen zahlt, und Schreiber eine vom Bundestag gezahlte Mitarbeiterpauschale als frühere eigene Einkünfte angegeben haben.

Für die Staatsanwaltschaft Magdeburg rechtfertigt das in den Fällen Münch und Schreiber den „hinreichenden Tatverdacht“ des versuchten beziehungsweise vollendeten Betruges und der Untreue. Münch zwingt die Vorladung des Gerichts zum Wortbruch. „Ich verlasse heute Sachsen-Anhalt und werde nie wieder einen Fuß in dieses Land setzen“, hatte er 1993 gesagt. Der mit diesem etwas voreiligen Eid verweigerte Rückweg nach Sachsen-Anhalt führt ihn nun pikanterweise direkt auf die Anklagebank.

In die soziale Not fallen lassen mochte Kanzler Kohl den gestürzten Parteifreund nach der Gehälteraffäre nicht. Die Bittbriefe Münchs nach Bonn mit dem Flehen um eine erneute politische Verwendung fanden Gehör. Gegen den ausdrücklichen Rat der Fachleute aus dem Bonner Entwicklungshilfeministerium und des Bundesrechnungshofes ließ Kohl das Kanzleramt ein von Bonn finanziertes Projekt der Internationalen Arbeitsorganisation ILO durch die zuständigen Gremien peitschen. Für zwei Jahre soll Münch auf einem mit 180.000 Mark Nettojahresgehalt dotierten Posten für die ILO in Uruguay tätig sein. Für das Gesamtprojekt läßt Bonn gar 2,5 Millionen Mark springen. Ob Münch aber sein Haus in Montevideo jemals beziehen kann, ist derzeit offen. Die ILO hat das Projekt bis zum Ausgang des Prozesses auf Eis gelegt.

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