„Motherhood Challenge“ auf Facebook: Mütterlicher Schwanzvergleich
Sie posten mutterglückselige Fotos und konkurrieren um den virtuellen Titel der Supermom. Auf Facebook ist ein neuer Wettbewerb gestartet.
Die Schrecken der Ice Bucket Challenge stecken einem noch in den Knochen. Den einen, weil sie wahrhaftig so bescheuert waren, sich ohne Not einen Kübel Eiswasser über die Rübe zu kippen. Den allermeisten aber, weil sie angesichts des allgemeinen Lemmingverhaltens um sie herum seelische Qualen litten. Doch Facebook und seine NutzerInnen kennen keine Gnade. Schon wieder geht eine virtuelle Seuche um: die sogenannte Motherhood Challenge.
Mitmachen dürfen diesmal – wie der Name schon sagt – nur Mütter. Bilder sollen sie posten, die zeigen, wie stolz sie auf ihr Dasein sind. Und natürlich müssen sie andere Frauen taggen und somit nominieren, es ihnen gleichzutun. Frauen, von denen sie glauben, dass diese ebenfalls tolle Mütter sind. Ohne Wettbewerb und Bekenntniszwang funktioniert so eine Challenge eben nicht.
Nun ist es bestimmt oft sehr toll, Mutter zu sein. Man kriegt ja sooo viel zurück. Trotzdem sei an dieser Stelle die Frage erlaubt: Warum verbringt ihr, liebe Mütter, eure kostbare Zeit nicht mit dem Nachwuchs, den ihr so liebt, statt stundenlang auf Facebook abzuhängen?
Denn mal so gefragt: Wer sind denn die AdressatInnen dieser virtuellen Nabelschau? Andere Mütter etwa, vor denen ihr euch beweisen müsst? Nach dem Motto: Ich bin eine Super-Mom – und du?
Mit Angeberbildern selbst belügen
Selbst wenn man keine bösen Absichten unterstellen will und ihr einfach nur platzt vor kinderseligem Glück: Was ist mit all jenen, die nicht zu eurer privilegierten Welt gehören? Frauen, die keine Kinder bekommen können? Frauen, die es verzweifelt versuchen? Frauen, die schwanger waren und ihr Kind verloren? Eltern, deren Kinder gestorben sind? Oder Menschen, in deren Leben alles anders und deshalb kinderlos verläuft? Müssen die das sehen?
Am naheliegendsten ist, dass ihr euch mithilfe dieser Angeberbilder selbst belügt; euch hinwegtäuscht über Schlafentzug, vollgeschissene Windeln, Nächte voller Babygeschrei, Brabbelsprache-Verblödung, Putzen, Waschen, Bügeln und kein Dankeschön. Sonst hättet ihr Facebook angesichts der tollen Familie um euch herum doch schon längst mal zugeklappt.
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