Monitoring der Fischtreppe in Geesthacht: Mehr Fische als vorher
Über die Fischtreppe in Geesthacht steigen mehr Tiere auf, als im Kraftwerk Moorburg verenden. Der BUND zweifelt das Monitoring aber an.
HAMBURG taz | Die Fischtreppe, die Vattenfall an der Elbe in Geesthacht gebaut hat, erfüllt offenbar ihren Zweck. Das legen die Monitoring-Daten aus dem ersten Jahr des Kraftwerksbetriebes nahe. Demnach haben mehr zusätzliche Fische über die Fischtreppe ihre Laichgebiete erreicht, als im Kühlsystem des Kohlekraftwerks Moorburg verendeten. Der Umweltverband BUND warnt jedoch: „Die Aussagen der Kurzexpertise sind nicht belastbar, vor allem weil kein normales Betriebsjahr vorliegt.“
Die Fischtreppe am Stauwehr in Geesthacht zu bauen, war eine Bedingung, unter der die Umweltbehörde dem Energiekonzern Vattenfall den Kraftwerksbau wasserrechtlich erlaubt hat. Sie soll die Verluste ausgleichen, die dadurch entstehen, dass das Kraftwerk zur Kühlung mit dem Elbwasser Fische ansaugt und umbringt. „Wir müssen uns die Bilanz ansehen“, sagt Björn Marzahn von der Umweltbehörde. Stiegen mehr Fische auf als umkommen, wäre die Auflage erfüllt.
Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für angewandte Ökologie in seinem Zwischenbericht des Fischmonitorings für das Kraftwerk. Demnach ist die Summe für die fünf entscheidenden, nach der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie geschützten Arten jeweils positiv – mit Ausnahme des Maifischs, der gar nicht auftaucht, weil er an der Elbe ausgestorben ist. Bis auf das Flussneunauge, das zu Zehntausenden gezählt wird, operiert der Bericht allerdings mit zweistelligen Zahlen, die in den Jahren zuvor zudem stark geschwankt hatten.
Abgegriffen werden die toten oder tödlich verletzten Fische an einem Rechen am Kühlwaser-Einlass des Kraftwerks, an dem die lebenden Fische über ein Rohr in die Elbe ausgeschleust werden. Dabei gelangen überhaupt nur die Fische in die Leitung, die sich nicht elektronisch verscheuchen ließen. Die Anzahl der verendeten Fische wird allerdings nur mit Stichproben ermittelt und hochgerechnet.
Die Erlaubnis fürs Kraftwerk macht sich am Wohl und Wehe einiger Fischarten fest:
Lachs: Ein Jungfisch verendete im Kühlsystem, 32 Fische stiegen über die neue Fischtreppe.
Schnäpel: Vier erwachsene und 165 junge Fische verendeten, 33 erwachsene Fische stiegen auf.
Meerneunauge: Vier Tote, 22 Aufsteiger.
Flussneunauge: 59 ausgewachsene, 369 jugendliche Tote, 31.938 Aufsteiger.
Von März 2015 bis Februar 2016 wurden 654 tote oder verendende Fische in den Rechen gefunden. Im gleichen Zeitraum stiegen rund 32.000 Fische auf. Rechnet man die Flussneunaugen heraus, stehen 226 tote 87 aufgestiegenen Fischen gegenüber. Dass daraus unterm Strich dennoch eine positives Ergebnis herauskommt, liegt daran, dass die Gutachter die getöteten Jungfische, die elbabwärts wanderten, viel schwächer gewichteten, als die zum Laichen elbaufwärts wandernden Erwachsenen.
Aus Sicht des BUND verzerren diese Umrechnungsfaktoren das Bild zugunsten der Fischtreppe. „Somit ist nicht belegt, dass die Schädigung am Kraftwerk tatsächlich niedriger ausfällt als die Verbesserung durch die Fischtreppe“, sagt Landesgeschäftsführer Manfred Braasch.
Dazu komme, dass im ersten Betriebsjahr viel länger mit dem Kühlturm als mit der Durchlaufkühlung gekühlt worden sei, wobei der Kühlturm nur sehr wenig Elbwasser und Fische ansaugt. Deshalb fordert der BUND, die Kühlung ganz auf den Kühlturm umzustellen. Das würde allerdings die Effizienz des Kraftwerks verringern.
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