Monika Griefahn als OB-Kandidatin: Der letzte Joker der Ruhr-SPD
Sie war Greenpeace-Aktivistin, Umweltministerin, SPD-Abgeordnete: Jetzt will Monika Griefahn Bürgermeisterin in Mülheim an der Ruhr werden.
Griefahn gab das Kompliment prompt zurück: Die Spitzenkandidatur sei mehr als „eine große Ehre“. Als erste Abiturientin ihrer Familie habe sie der SPD nicht nur ihren persönlichen Bildungsaufstieg zu verdanken – sie wolle ein Zeichen setzen gegen den „Rechtsruck“ und die „Spaltung der Gesellschaft“.
Für das Engagement der einstigen Umweltaktivistin dankbar sein muss auch die angeschlagene Partei. Selbst in ihrem Stammland Nordrhein-Westfalen dümpeln die Sozialdemokraten um 20 Prozent – und in der Düsseldorfer Parteizentrale ist die Angst groß, dass bei den Kommunalwahlen am 13. September reihenweise Rathäuser verloren gehen.
In den einstigen SPD-Hochburgen Dortmund und Gelsenkirchen treten die langjährigen Oberbürgermeister Ullrich Sierau und Frank Baranowski nicht mehr an. Bei den Europawahlen lagen die Grünen nicht nur in Dortmund, sondern auch in der Landeshauptstadt Düsseldorf auf Platz 1. In Mülheim lagen die Grünen mit 23,0 Prozent fast 2 Prozent vor der SPD. Auf dem Spiel steht damit die kommunale Verankerung der Sozialdemokraten – und damit die allerletzte Chance, die Partei doch noch wieder aufbauen zu können.
Lokale SPD betrauerte Opfer des „Verschissmus“
Eine Riesenchance ist die Kandidatur Griefahns, deren Politkarriere nach ihrer Zeit als Kultur- und Medienpolitikerin im Bundestag von 1998 bis 2009 zu Ende schien, auch für die Mülheimer GenossInnen. Schon vor 25 Jahren war Mülheim die erste schwarz-grün regierte Großstadt der Republik.
Erst im vergangenen Jahr versuchten die GenossInnen, ihren eigenen amtierenden Oberbürgermeister Ulrich Scholten loszuwerden. Dem wurde vorgeworfen, private Bewirtungskosten großzügigst über die Stadt abgerechnet zu haben – doch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft verliefen im Sand. Im November schafften es die Mülheimer Sozis, zum Volkstrauertag im Gedenken an die Opfer des Faschismus einen Kranz niederzulegen, auf dessen Schleife das Wort „Verschissmuss“ prangte.
Mit der einst profilierten Umweltpolitikerin Griefahn dagegen könnte die SPD trotzdem gegen die Grünen punkten. Denn die treten in Mülheim nicht wie in Düsseldorf, Essen oder Bonn mit einer eigenen KandidatIn an, sondern setzen zusammen mit der CDU auf die Christdemokratin Diane Jägers.
Die aber hat als Abteilungsleiterin im NRW-Bauministerium die Räumung des von BraunkohlegegnerInnen besetzten Hambacher Walds angeordnet. Entsprechend wenig begeistert reagierten die grünen Landeschefs Mona Neubaur und Felix Banaszak: „Wir hätten diese Entscheidung nicht getroffen“, erklärten beide im Dezember enttäuscht.
Allerdings: Radikal ist auch die einstige Greenpeace-Chefin Griefahn längst nicht mehr. Als Direktorin des Kreuzfahrtunternehmens Aida half sie ab 2012 mit, der klimaschädlichen Branche ein grüneres Image zu geben. Für eine zweite Karriere in der traditionell industriefreundlichen Ruhr-SPD aber ist das ein weiterer Pluspunkt: Griefahn, erklärte der Mülheimer SPD-Chef Rodion Bakum, verbinde eben „konsequenten Umwelt- und Klimaschutz mit einer innovativen und kreativen Wirtschaftspolitik“.
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