Mögliche Koalition mit CDU in NRW: Klimaschützer machen Grünen Druck
Bei den Verhandlungen mit der CDU in NRW wollen Aktivist:innen die Grünen kämpfen sehen. Symbol des Protests dürfte das Dorf Lützerath bleiben.
Als Wahlsieger der NRW-Landtagswahl vom 15. Mai hatten CDU und Grüne am Sonntag beschlossen, formelle Koalitionsverhandlungen aufzunehmen, die am Dienstag beginnen sollen. Das bereits veröffentlichte erste Sondierungspapier bewertete der BUND als „unterambitionierte Grundlage“, welche „im Rahmen von Koalitionsverhandlungen deutlich verbessert“ werden müsse.
Auch die Grüne Jugend zeigt sich skeptisch: „Dass im Sondierungsergebnis das Dorf Lützerath keinen Einzug gefunden hat und kein Datum für das Erreichen der Klimaneutralität festgeschrieben wird, ist im Angesicht der Klimakrise fatal“, findet Rênas Sahin, NRW-Sprecher der Grünen Jugend. Bisher heißt es unverbindlich im Sondierungspapier: „Alle Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnitts sollen bleiben“ – Lützerath liegt aber im zweiten Abschnitt.
Der Koalitionsvertrag müsse Klimaschutz klar und belastbar festschreiben, fordern auch Hersteller von Windrädern und Solaranlagen. „Wir brauchen nichts Verschwurbeltes“, mahnte in Düsseldorf der Geschäftsführer des Landesverbands Erneuerbare Energien, Reiner Priggen. Das Verhandlungsergebnis müsse „so konkret werden, dass wir alle damit arbeiten können“, forderte Priggen, der bis 2015 selbst Vorsitzender der grünen Landtagsfraktion war.
Kein Wort zu Hambi und Datteln IV
Zwar sei die im Sondierungspapier genannte Zahl von 1.000 zusätzlichen Windkraftanlagen in den kommenden fünf Jahren positiv. Aber nötig sei dazu, 2 Prozent der Landesfläche freizugeben, betonte der Ingenieur.
Außerdem müsse geklärt werden, durch was genau die 1.000-Meter-Abstandsregel ersetzt werden solle, mit der die bisherige Landesregierung von CDU und FDP den Ausbau der Windkraft massiv ausgebremst hat. Im schwarz-grünen Sondierungspapier heißt es dazu nur wolkig, „die aktuelle Rechtsprechung“ bestätige „regelmäßig einen Mindestabstand von 3H zu geschlossenen Siedlungsbereichen“.
Übersetzt heißt das: CDU und Grüne können sich vorstellen, den Mindestabstand zwischen Wohnbebauung auf die dreifache Höhe eines Windrads, bei leistungsfähigen Anlagen also auf etwa 800 Meter, zu senken. Priggen aber reicht das nicht: „Im Koalitionsvertrag muss ganz klar drinstehen, welcher Abstand gilt“, fordert der ehemalige Spitzen-Grüne.
„Ich glaube nicht, dass Schwarz-Grün eine Liebesheirat wird“, warnt auch BUND-Mann Jansen. „Deshalb ist ein guter Ehevertrag nötig.“ Im Sondierungspapier bleibe aber nicht nur „das ganze Straßenbaukapitel schwammig“, kritisiert Jansen. Der „Schwarzbau“ des wohl letzten deutschen Steinkohlekraftwerks Datteln IV fehle ebenso wie der Erhalt des Hambacher Walds oder jede konkrete Festlegung zum Gewässerschutz.
Gleiches gilt auch für das einstige grüne Kernthema Atomkraft. Nicht nur vom geplanten großen Atommülllogistikzentrum bei Würgassen an der Landesgrenze zu Niedersachsen ist keine Rede. „Schwarz-Grün schweigt leider auch zur seit Jahren umstrittenen Urananreicherungsanlage in Gronau“, kritisiert etwa Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg. „Wenn nicht in den Koalitionsverhandlungen ein Ergebnis nachgeliefert wird, verpasst NRW den Atomausstieg und beliefert weiter Hochrisiko-Reaktoren in aller Welt mit Atombrennstoff.“
Symbol des Kampfs für mehr Klimaschutz aber dürfte der Erhalt des Dorfes Lützerath bleiben. „Wenn nötig“, warnt BUND-Sprecher Dirk Jansen schon heute, „werden wir zusammen mit der Klimabewegung auch gegen eine schwarz-grüne Regierung demonstrieren.“
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