Moderatorin Samira Ahmed siegt gegen BBC: Schluss mit den Ausreden
Eine britische TV-Moderatorin hat einen Prozess gegen die BBC um gleiche Bezahlung für Männer und Frauen gewonnen. Was passiert in Deutschland?
Great things happen when we work together“, lautet einer der core values, also der Leitsätze, der britischen BBC. Leider handelt es sich dabei um einen genauso frommen Wunsch wie bei so manchem Senderslogan hierzulande. Und während sich bei uns die Aufregung über instrumentalisierten Chorgesang beim Westdeutschen Rundfunk allmählich wieder gelegt hat, geht es bei der BBC gerade erst richtig los.
Samira Ahmed hat nämlich ihr Verfahren wegen ungleicher Bezahlung im Sender gewonnen. Sie moderiert dort das wöchentliche Magazin „Newswatch“, bei dem sich Zuschauer*innen mit ihren Anliegen und Beschwerden im Zusammenhang mit BBC-Nachrichten und Informationsprogrammen melden können; darüber wird dann dort mit den Senderverantwortlichen verhandelt. Ja, im Fernsehen, beim Nachrichtenkanal BBC News. (Da wir im deutschen Fernsehen ja keinen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal haben, gibt es so etwas bei uns leider nicht.)
Bei der BBC läuft auch das Format „Points of View“, bei dem – ähm – die Zuschauer*innen ihre generellen Meinungen über die BBC und ihre Programme äußern können, was der Sender dann sportlich-humorvoll aufgreift. Das Ganze begann mit Zuschauer*innen-Zuschriften, existiert seit fast – festhalten – 60 Jahren und läuft im Hauptprogramm BBC One (da wir im deutschen Fernsehen – ach nee, die Ausrede geht nicht).
400 statt 3.000 Pfund pro Sendung
„Points of View“ wurde bis neulich von Jeremy Vine moderiert, womit wir beim Kern des Problems wären: Denn obwohl die beiden Formate „Newswatch“ und „Points of View“ ziemlich vergleichbar sind, bekam Samira Ahmed pro Folge ein Honorar in Höhe von 400 Pfund, während Jeremy Vine mit 3.000 Pfund pro Sendung nach Hause gehen durfte.
Weshalb Ahmed die BBC im vergangenen Herbst verklagte. Jetzt hat ihr das zuständige Employment Tribunal vollumfänglich recht gegeben. Die BBC muss fast 700.000 Pfund nachzahlen, weil Ahmed auch bei den von ihr moderierten Radiosendungen 30 bis 50 Prozent weniger verdiente, als ihre männlichen Kollegen für vergleichbare Arbeit erhielten.
Unstrittig ist, dass sich der Sender in Ahmeds Verfahren strategisch ungefähr so geschickt verhalten hat wie der WDR in Sachen „Omagate“: Da wurde mit der größeren Popularität Vines argumentiert, damit, dass er sich für die Sendung umziehe und manchmal verkleide und dass so was nun leider mal mehr koste.
Ist nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz aber schnurz, sagen die Richter am Employment Tribunal. Denn es geht um die Gleichwertigkeit der Arbeit, nicht um Kostüm oder Bekanntheitsgrad des TV-Gesichts. Wehe, wenn das am Ende auch hierzulande Schule macht …
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen