Modell „Kooperative Baulandentwicklung“: Sozialmodell mit vielen Löchern

Immer wieder lassen sich Land und Bezirke den Bau neuer Sozialwohnungen durch die Lappen gehen. Das zeigt eine Anfrage der Grünen.

Eine Großbaustelle, wo Wohnhäuser gebaut werden

Längst nicht immer werden 30 Prozent Sozialwohnungen gebaut Foto: IMAGO/Jürgen Ritter

BERLIN taz | In einer ganzen Reihe von Bauvorhaben seit 2014 kam das „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“ nicht voll umfänglich zur Anwendung. Das geht aus einer Anfrage des Grünen-Abgeordnenten Julian Schwarze hervor, die der taz exklusiv vorliegt. Demnach verzichteten Land und Bezirke in 19 Projekten auf eine Anwendung des Modells, welches für Neubauten unter anderem eine 30-Prozent-Quote für Sozialwohnungen vorsieht. In 69 Fällen wurden laut Zahlen der Verwaltung vom Januar entsprechende Verträge abgeschlossen.

Laut dem Modell müssen In­ves­to­r:in­nen mindestens 30 Prozent der von ihnen errichteten Wohnfläche für eine Miete von derzeit maximal 6,70 Euro kalt pro Quadratmeter vermieten – im Gegenzug gibt es staatliche Fördermittel wie etwa zinslose Baudarlehnen. Darüber hinaus werden die In­ves­to­r:in­nen verpflichtet, sich anteilig an den Kosten für Kita-, Schul- oder Spielplätze zu beteiligen, die infolge des Zuzugs gebaut werden müssen. In Sanierungs- und Entwicklungsgebieten und bei kleineren Bauprojekten greift das Modell nicht.

Teils wirken die Begründungen von Land und Bezirken, warum das Modell nicht angewendet wurde, skuril. Beispielsweise hat sich der Bezirk Spandau am Freudenberger Weg 50 Sozialwohnungen durch die Lappen gehen lassen, weil in dem Gebiet eine „einseitige Bevölkerungsstruktur“ bestehe – womit der Bezirk meint, dass dort überwiegend arme Menschen wohnen. Förderlich sei es dort angeblich, wenn „Personengruppen ohne spezifische soziale Probleme und mit zumindest durchschnittlichem Einkommen“ zuziehen würden.

Das sei eine „stigmatisierende, wertende Aussage, die impliziert, dass arme Menschen Probleme machen“, kommentierte Fragesteller Schwarze dies gegenüber der taz. Der Zuzug wohlhabender Menschen löse keine sozialen Probleme vor Ort. „In ganz Berlin ist der Wohnungsbau angespannt. Da können wir in keinem Fall auf sozialen Wohnungsbau verzichten“, sagt Schwarze. Auch in weiteren Spandauer Projekten argumentiert der Bezirk ähnlich.

Künftig 50 Prozent sozialer Wohnungsbau?

Ausnahmen gab es auch für Projekte, über die bereits vor Verabschiedung des Modells im August 2014 verhandelt wurde – obwohl die Baupläne erst danach unterzeichnet wurden. Dies sei eine „schlechte Vorgabe“ der damals rot-roten Regierung gewesen, so Schwarze. „Stutzig“ machen ihn drei Projekte in Treptow-Köpenick, zu denen es nur knapp heißt, dass eine Verpflichtung zu Mietpreisbindungen „voraussichtlich unangemessen gewesen“ wäre. „Da scheint es, als hätte der Bezirk nicht einmal vorgeschlagen, sozialen Wohnraum zu errichten.“ Solche Ausnahmen dürfe es jetzt, wo das Modell etabliert ist, nicht mehr geben.

In Zukunft müsse das Land dafür Sorge tragen, dass die Bezirke das Modell konsequent durchsetzen, sagt Schwarze. Darüber hinaus müsse die Quote für sozialen Wohnraum auf mindestens 50 Prozent erhöht werden. „Das ist machbar und entspricht dem Koalitionsvertrag“, gibt der Grünen-Politiker die Position seiner Partei wieder. Konkret genannt werde die Zahl bereits im Wohnungsbündnis von Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Ein gutes Vorbild sei München, wo bereits eine Quote von 60 Prozent Sozialwohnungen vorgeschrieben ist.

Perspektivisch brauche es aber auch Förderung für das Gewerbe, so Schwarze weiter. Hier gebe es meist keine Mietpreisbegrenzung und nur einen sehr schlechten Kündigungsschutz. Um Handwerksbetriebe, aber auch Angebote für Kunst und Kultur in den Kiezen zu halten, müssten bezahlbare Flächen sichergestellt werden. Hier müsse der Bund ran, da er gesetzgeberisch zuständig sei, so Schwarze.

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