Mitarbeiterin der Woche: Monika Wulf-Mathies
Wer hätte das gedacht? Auf ihre alten Tage macht Monika Wulf-Mathies noch mal irgendwas mit Medien. Überraschend hat WDR-Intendant Tom Buhrow die 76-jährige aus dem Ruhestand geholt. Die frühere Gewerkschafterin soll dabei mithelfen, das schwer ramponierte Image von Deutschlands größter Sendeanstalt wieder aufzumöbeln.
Konkret soll Monika Wulf-Mathies „unabhängig und rückhaltlos“ prüfen, wie der WDR mit Hinweisen auf sexuelle Belästigung umgegangen ist und umgeht. „Wir stellen uns auf den Prüfstand, denn wir haben nichts zu verbergen“, gibt sich Buhrow zuversichtlich.
Der WDR steht heftig in der Kritik, weil er auf Vorwürfe sexueller Belästigung gegen mehrere WDR-Mitarbeiter nicht angemessen reagiert haben soll. Nun soll Wulf-Mathies für Aufhellung sorgen.
Der WDR hat ihr uneingeschränkten Zugang zu allen Informationen, Vorgängen sowie GesprächspartnerInnen zugesagt. Sie sei bereit, „zur Aufklärung dieses schwierigen Kapitels beizutragen“, sagte Wulf-Mathies bei ihrer Vorstellung. Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte doch in Gleichstellungsfragen eine Vorbildfunktion wahrnehmen.
Mit Sexismus und Frauendiskriminierung in großen männerdominierten Organisationen kennt sich Wulf-Mathies aus. Als sie 1965 in die SPD eintrat, lag der Frauenanteil in deren Bundestagsfraktion noch bei ganzen 8,8 Prozent – bei den anderen Fraktionen sah es noch erbärmlicher aus.
Als sie 1982 zur Vorsitzenden der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) gewählt wurde, galt das als Sensation. Denn mit ihr schaffte es überhaupt zum allerersten Mal eine Frau an die Spitze einer DGB-Gewerkschaft. Zwölf Jahre führte sie die zweitgrößte Einzelgewerkschaft Deutschlands, die 2001 in Verdi aufging. 1994 wechselte Wulf-Mathies dann auf Vorschlag der SPD als EU-Kommissarin nach Brüssel. Zuletzt arbeitete sie als Chef-Lobbyistin für die Deutsche Post AG.
„Ich finde es richtig, dass die Sensibilität für Fragen sexueller Belästigung in der Gesellschaft gewachsen ist und dass Frauen heute nicht mehr gezwungen sind, anzügliche Bemerkungen und Handlungen einfach hinzunehmen oder berufliche Nachteile zu erleiden“, sagte Wulf-Mathies zu ihrer neuen Aufgabe. „Um dies zu gewährleisten, bedarf es der Bereitschaft, das eigene Führungsverhalten und vorhandene Prozessabläufe zu hinterfragen.“ Die Ergebnisse sollen nach Abschluss ihrer Prüfung veröffentlicht werden.Pascal Beucker
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