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Mit Männern wandern gehenBromance am Gipfelkreuz

Auch wenn unsere Kolumnistin den Ausblick von einer Bergspitze genießen kann – eines hat sie gelernt: Nie mehr mit Männern wandern.

Männer und Berge – eine unzertrennliche Einheit? Foto: Rupert Trischberger/imago

E ines muss ich zugeben: Wenn ich einmal oben angekommen bin, liebe auch ich es. Den Ausblick, das gute Essen und wie sich das Gefühl in mir ausbreitet, etwas bezwungen zu haben. Abgesehen davon habe ich schon viele Stunden damit verbracht, schimpfend hinter einem Mann her zu klettern, und mir dabei in den leuchtendsten Farben ausgemalt, wie ich mich nach der Tortur von ihm trenne.

Ich rede hier vom Bergsteigen, gegen das ich im Prinzip ja überhaupt nichts habe. Im Gegenteil. Als ich mal eine Woche allein in Edinburgh war, stiefelte ich den stadteigenen Berg höchst freiwillig hinauf und fand es super. Nun gut, der Arthur’s Seat ist jetzt nicht wirklich hoch, und es gab auch keine einzige Stelle, an der es hätte brenzlig werden können, aber trotzdem ging es stetig aufwärts, und so war ich danach angenehm müde und verschwitzt. Doch daneben gibt es eben auch dieses Phänomen, das ich gern das „Caspar David Friedrich-Syndrom“ nenne und das vor allem Männer im mittleren Alter zu ergreifen scheint.

Keine Frage: Einen Ausflug in die Berge mögen Frauen und Männer gleichermaßen. So habe ich eine Freundin, die fast jede freie Minute an einer Felswand verbringt. Trotzdem sind es meiner Beobachtung nach eher die Männer, die eine fast schon neurotische Beziehung zu Steilhängen entwickeln. Man sieht sie mit eingeschnürtem Unterleib am Kletterseil baumeln oder wie Gottes Sohn höchstpersönlich am Gipfelkreuz kleben – die vielen Dating-App-Fotos sprechen Bände.

Ein metaphorischer Phallusvergleich

Und könnt ihr euch an Brad Pitt als extrem blondierten Bergsteiger erinnern, der seine schwangere Frau sitzen lässt, um irgendeinen fernen Hubbel zu besteigen? Solche Filme lieben die Typen ja. Die haben dann so kernige Titel wie „Cliffhanger – Nur die Starken überleben“ und stecken voll von Gebirgskitsch und Bromance, die anscheinend nur dann so richtig auflodert, wenn ein paar abgefrorene Zehen im Spiel sind.

Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich glaube, diese Gipfelsucht ist nicht mehr als ein metaphorischer Phallusvergleich. Meiner ist 8.126 Meter hoch. Meiner 8.163 Meter. Wow! Krass! Und sonst so?! Okay, ich verstehe ja, dass es immer irgendwie schön ist, den Helden zu spielen, aber die Frage ist ja, auf wessen Kosten.

Ich zum Beispiel hätte hellhörig werden müssen, als mich ein Mann einmal unbedingt mit auf den Traunstein nehmen wollte, einen relativ hohen Berg in Österreich, den kein bergerfahrenes Familienmitglied mit ihm besteigen wollte, aber für mich, die verliebte Flachländerin mit Hang zur Selbstüberschätzung, alles easy peasy, so dachte ich zumindest, und kraxelte gutgläubig hinter ihm her.

Doch beim Abstieg wurde es, nun ja, ungemütlich. Denn während wir beim Aufstieg die Schattenseite erwischt hatten, ging es in der prallen Sonne hinunter. Der Pfad war steil, das Geröll lose, rechts der Abgrund und alle paar Meter eine Gedenktafel, die an einen Todessturz erinnerte. Ich bekam erst einen Sonnenstich, dann einen soliden Schreianfall, während gut gelaunte Rent­ne­r*in­nen an uns vorbei Richtung Tal galoppierten.

Und was soll ich sagen: Letztes Wochenende ist es schon wieder passiert. Da versprach mir ein Mann ein paar schöne Stunden im Weinanbaugebiet, und ehe ich mich versah, hing ich zwischen schroffen Klippen. Ich schwöre, Männer und Berge genieße ich von nun an nur noch separat.

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Anna Fastabend
Redakteurin wochentaz
Hat mal Jura studiert und danach Kreatives Schreiben am Literaturinstitut in Hildesheim. Hat ein Volontariat bei der Märkischen Oderzeitung gemacht und Kulturjournalismus an der Universität der Künste Berlin. Schreibt über feministische Themen, Alltagsphänomene, Theater und Popkultur.
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12 Kommentare

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  • Komisch, mir ging es ähnlich mit einer Freundin. Die wollte mich auch öfter auf Bergtouren mitnehmen, die Schwindelfreiheit erfordern, ich bin es nicht. Mir schlottern dann die Knie, manchmal schaffte ich es trotzdem über diese ausgesetzrn Abschnitte, dann war sie "stolz" auf mich. Da kann ich drauf verzichten. Irgendwann habe ich sie einfach mal alleine weiter gehen lassen und bin zu einer Hütte zurück gegangen. Kann man natürlich auch nicht immer machen.



    Jetzt bevorzuge ich Radtouren im Flachland.



    Ich bin übrigens ein Mann und hetero.

  • Ich befürchte, ich verstehe diesen Artikel nicht. Was genau machen Männer denn nun so negatives? Sie machen Fotos am Gipfelkreuz (Frauen nicht?) und nutzen einen Klettergurt, der nunmal eng anliegen muss (macht die kletternde Freundin mit Sicherheit auch, ist ein Zeichen dafür, eben nicht stumpfer Draufgänger zu sein). Sie posten diese Fotos auf Datingapps (Frauen posten also keine Fotos von sich bei ihrem Hobby?). Was die „furchtbare Tour“ mit dem Mann anging, hat die Dame alles falsch gemacht, was nur geht. Null Information im Vorfeld eingeholt, falsche Ausrüstung und Nerven verloren. Kein Wunder, dass Frauen manchmal als hilflose dämliche unselbstständige Wesen gesehen werden, die blind Männern hinterherlaufen. Anscheinend waren die überholenden Rentnerinnen ja in der Lage, sich angemessen vorzubereiten und auszurüsten und keinen völlig deplatzierten Schreikrampf zu kriegen. Was genau war nun also das Problem mit dem Mann?

  • Hahaaaa, schöner Erfahrungsbericht, den ich als Typ so ähnlich auch schon erlebt (bzw. AUCH veranstaltet) habe. :-D Ich glaube aber schon, dass mensch mit Gesprächen schon ne Art Erwartungsmanagement betreiben und sich so irgendwie treffen könnte! (bin gegen Mädchen- & Jungeninternat)

  • Hat es wirklich was mit Männern zu tun, oder würden Sie nicht generell - also auch in weiblicher Begleitung - solche Höhentouren schlicht lieber meiden? Jedem Tierchen sein Pläsierchen, würde ich sagen.

    Stellen Sie sich mal eine Männerkolumne vor: "Klatsch und kleine Maschen - Nie wieder Häkelkurs mit einer FRAU!" - und dann so ähnlich klischeehaft über Handarbeit hergezogen und welche Zumutung es ist, da dabeizusein. Was außer einem völlig entgeisterten Augenrollen würden Sie rausbringen?

  • "Bromance, die anscheinend nur dann so richtig auflodert, wenn ein paar abgefrorene Zehen im Spiel sind."



    Tolles Wortspiel — Chapeau



    Der restliche Text ist auch gut gelungen.



    Gruß, Fritz

  • Wir Männer schätzen eben die Abgeschiedenheit und Ruhe, deswegen stehen auch Wälder hoch im Trend.

  • Herrlich beschrieben ;)

  • Ich bin selbst ein Mann, sogar hetero. Aber ich komme privat und im Beruf viel besser mit Frauen aus. Ich kann der Autorin nur raten: beschränke diese Einsicht nicht aufs Bergsteigen. Und weite diese Ansicht nicht auf "Männer". Denn die Männer, von denen sie schreibt, sind typische Macho-Arschlöcher (natürlich gibt's da graduelle Unterschiede). Aber es gibt auch andere Männer; auch ich bin in der Hinsicht kein singuläres Ereignis.

    Es gibt diese typischen Männer, die dann auch auf Bumm-schieß-knall-Filme stehen mit Auto/Flugzeug/Bootsjagden und für die ein Film mit mehr als 10 Dialogzeilen als "Frauenfilm" eingeordnet und abgeheftet wird. Aber es gibt halt auch andere.

    Die ersteren Männer sind auch jenseits des Bergsteigens eher nicht so dolle. Ich würde also nicht das Bergsteigen in Frage stellen, sondern einfach mal meinen Männergeschmack überdenken.

    • @Jalella:

      Bitte klären Sie mich auf, was ist jetzt Machohaft daran jemanden zum Bergsteigen mit zunehmen?



      Ich möchte doch meiner Partnerin wenigstens einmal zeigen welches Hobby mir Spaß macht, im besten Fall gefällt es ihr so gut das wir in Zukunft öfter zusammen in die Berge gehen.

  • Ich hab diesen "Männer sind...", "Frauen sind..." ala Mario Bart noch nie lustig gefunden.

  • Eine Kolumne, die auf ähnlich schmaler Faktenbasis, Stereotype über Frauen oder Diverse verbreiten würde, hätte zu Recht keine Chance auf Abdruck.

    • @Kanuka:

      Sie haben völlig Recht!