piwik no script img

Misstrauensantrag in SpanienEx-Kommunist für die Franquisten

Beim zweiten Misstrauensantrag der Rechtspartei Vox tritt ein ehemaliger Kommunist als Herausforderer von Ministerpräsident Pedro Sánchez an.

Ramon Tamames (links) auf seinem Weg ins Parlament am 21.03.2023 Foto: Susana Vera/reuters

Madrid taz | Ein Gestriger und die Ewiggestrigen gemeinsam gegen das Spanien von heute, könnte die Zusammenfassung dessen lauten, was sich Dienstag und Mittwoch im spanischen Parlament abspielen wird. Der 89-jährige Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige kommunistische Politiker Ramón Tamames führt ein Misstrauensvotum gegen den Chef der Linksregierung Pedro Sánchez (PSOE) an. Eingereicht wurde der Misstrauensantrag ausgerechnet von der rechtsextremen VOX. Die Nummer 3 im spanischen Parlament trauert der Franco-Diktatur nach, die den jungen Studenten Tamames in den 1950er Jahren aus politischen Gründen hinter Gitter brachte.

Tamames stört das nicht. „VOX hat den Mut auf einen Unabhängigen zu vertrauen, dafür danke ich ihnen“, sagt er. In seiner einstündigen Rede will Tamames – dem es nicht an Ego fehlt – die Gelegenheit nutzen die Koalition aus Sozialisten und linksalternativer Unidas Podemos (UP) zu kritisieren. „Autokratisch“ sei diese und oft „populistisch“, erklärt er, als stünde VOX für besonnenen Politik.

Anders als VOX würdigt Tamames Sánchez für seinen „politischen Mut“. Er umgebe sich allerdings „mit den Falschen“, von UP bis hin zu Unabhängigkeitsbefürwortern aus Katalonien und dem Baskenland. „Frankenstein-Bündnis“ nennt Tamames diese in Spanien neue breite Zusammenarbeit der Linken, ohne die Sánchez keine Mehrheit hätte.

Nur einer von sechts Misstrauensanträge waren erfolgreich

Es ist der sechste Misstrauensantrag in der spanischen Nach-Franco-Demokratie (1977). Erfolgreich war nur einer, vor fünf Jahren, und der brachte ausgerechnet Pedro Sánchez an die Regierung. Tamames will nicht regieren; er will Neuwahlen, sollte er das Misstrauensvotum gewinnen. Doch außer den 52 VOX-Abgeordneten unterstützt ihn niemand. Der größten Oppositionskraft Partido Popular (PP) gilt der Versuch von VOX die politische Initiative zu gewinnen als „Theater“.

Doch außer den 52 VOX-Abgeordneten unterstützt den Misstrauensantrag niemand

Härtere Worte finden die PP-Konservativen nicht, denn sie wissen nur zu gut, dass wie mit VOX paktieren müssen, wenn sie bei den kommenden Parlamentswahlen dieses Jahr eine Chance haben wollen. Dies wird Sánchez in der Debatte nutzen. Er wird versuchen PP und VOX gemeinsam zu kritisieren und deren rückwärtsgewandten Politik seine soziale Errungenschaften sowie Neuerungen seiner Regierung – von der Anhebung von Mindestlohn und Renten bis hin zur Stärkung der Rechte für Frauen und sexuellen Minderheiten – entgegenzustellen.

Nicht nur VOX lebt in der Vergangenheit, sondern auch Tamames. Zwar erkennt er anders als VOX die Vielfalt Spaniens an, sähe es aber gerne, dass sich Basken und Katalanen für ihr Unabhängigkeitsstreben entschuldigen. Der Ex-Kommunist, der es in den 1970er Jahren ins Exekutivkomitee der spanischen Kommunistischen Partei (KP) und zum Vizebürgermeister brachte, träumt von einer „Regierung der nationalen Einheit zur Verteidigung von Verfassung und Monarchie“. Das erinnert an das Ziel des gescheiterten Putschversuchs 1981. Damals soll Tamames, so der verstorbene KP-Generalsekretär Santiago Carrillo in seinen Memoiren, die Nähe zu den Putschisten gesucht haben.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das Hufeisen hat wieder zugeschlagen!