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Missbrauchsvorwürfe gegen StardirigentMet stoppt Auftritte von Levine

Der frühere Musikdirektor der New Yorker Metropolitan Opera soll einen Jugendlichen jahrelang missbraucht haben. Drei weitere Musiker erheben Vorwürfe.

James Levine in Lenox (USA) in 2006 Foto: dpa

New York afp | Die New Yorker Metropolitan Opera hat die Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Musikdirektor James Levine wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs vorerst auf Eis gelegt. Wie das weltberühmte Opernhaus am Sonntag in New York mitteilte, wird der Stardirigent in dieser Spielzeit nicht mehr an der Met auftreten. Ein ehemaliger Staatsanwalt sei beauftragt worden, die Anschuldigungen zu überprüfen.

Die New York Times und die New York Post hatten berichtet, der heute 74-jährige Levine habe einen Jugendlichen ab 1985 jahrelang sexuell missbraucht. Der Missbrauch habe bis 1993 angedauert und den heute 48-Jährigen fast in den Suizid getrieben. Am Sonntagabend veröffentlichte die New York Times einen Bericht, in dem drei weitere Musiker ähnliche Erfahrungen mit Levine schilderten.

„Angesichts dieser Berichte hat sich die Met entschieden, jetzt zu handeln“, hieß es in der Erklärung von Generaldirektor Peter Gelb. „Das ist für jeden Betroffenen eine Tragödie.“ Die Vorwürfe tauchten bereits in einem Bericht der Polizei von Illinois vom vergangenen Jahr auf; laut einer früheren Erklärung der Met hatte Levine die Vorwürfe als falsch zurückgewiesen. Dem Dirigenten droht in diesen Fällen keine Strafverfolgung, da sie inzwischen verjährt sind.

Levine war 40 Jahre lang Musikdirektor an der Met. 2016 ging er wegen einer Parkinson-Erkrankung in Rente, arbeitete aber weiterhin am Opernhaus. Erst am Samstag stand er als Dirigent bei Verdis „Requiem“ auf der Bühne. Eigentlich sollte er demnächst auch Puccinis „Tosca“ dirigieren.

In den USA wird seit Wochen eine breite Debatte über sexuelle Gewalt geführt, die nach den Belästigungs- und Vergewaltigungsvorwürfen gegen Hollywood-Produzent Harvey Weinstein aufgekommen war. Zahlreiche Opfer meldeten sich zu Wort.

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8 Kommentare

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  • Was mir auffällt:

    1. die geschilderten Fälle liegen sehr lange zurück.

    2. Gewalt war nach den Zitaten aus den Ermittlungsakten nicht im Spiel.

    3. Wieso haben mit ein und demselben Jugendlichen öfters Kontakte stattgefunden?

    Was ist eigentlich gegen einvernehmlichen Sex zu sagen? Demnächst darf man dann wohl auch nicht mehr die alten Griechen sozusagen hemmungslos zitieren. Es lebe das bigotte Abendschland...oder besser doch nicht?

    • @Gottfried Scherer:

      Niemand sagt etwas gegen einvernehmlichen Sex. Aber wo nehmen Sie die Information her, dass die sexuellen Handlungen zwischen dem vermeintlichen Täter und dem vermeintlichen Opfer einvernehmlich waren? Das ist ja garnicht abschließend geklärt...

      Sexueller Missbrauch hat nichts damit zu tun, dass (körperliche) Gewalt im Spiel war. Wenn ein bedeutend älterer Mann einem Teenager (der möglicherweise noch garnicht reif genug ist, zu entscheiden, was richtig und was falsch ist & was er für sexuelle Vorlieben er mal entwickeln wird) möglicherweise erklärt, es sei ganz normal, dass sich Männer anfassen und gegenseitig befriedigen, um genau das dann mit diesem Teenager zu praktizieren, dann ist das sehr wohl Gewalt - psychische nämlich. Und auch wenn der Teenager später einmal feststellen sollte, auch homosexuell zu sein, war die Handlung des älteren Mannes falsch und ist zu verurteilen.

  • Und weiter gehen die Verläumdungskampagnen...

    Statt zu warten, was an den Vorwürfen dran ist, wird einfach mal munter mit Bild und Name drauf los berichtet...

    Wenn auch nur einer der Vorwürfe bewiesen und wahr ist, dann gehört er verurteilt, garkeine Frage! Aber vorher gilt verdammt nochmal die Unschuldsvermutung! Bei jedem Verbrechen wird der Täter/die Täterin als "43-jähriger Syrer aus xyz" oder "56-jährige Berlinerin" bezeichnet. Aber wenn es darum geht, bekannte Persönlichkeiten zu verläumden (noch ist es Verläumdung) sind alle Medien gleich vorn dabei - bei einer später nachgewiesenen Unschuld ist der Schaden dann schon angerichtet...widerlich sowas - genauso widerlich wie die vorgeworfenen Taten!

  • Wenn man die angegebenen Daten zurückrechnet, dann war der Jugendliche zu Beginn der achtjährigen Beziehung 16 Jahre alt. Nach deutschem Recht wäre das legal. Die Taz sollte sich fragen, ob da die Begriffe "sexueller Missbrauch" und "sexuelle Gewalt" für eine langjährige einvernehmliche Beziehung wirklich angemessen sind.

    • @vulkansturm:

      Woraus schließen Sie, dass es eine "einvernehmliche Beziehung" gewesen ist? Auch aus dem Bericht der Washington Post geht das nicht hervor.

      • @Markuschi:

        Wenn es keine einvernehmliche Beziehung gewesen wäre, dann hätte diese wohl nicht acht Jahre angedauert.

        • @vulkansturm:

          Nochmal: Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass es eine einvernehmliche Beziehung war?

          Sie wollen mir ja wohl nicht weismachen, dass der Schüler selber Schuld ist, dass er misshalndelt wurde, weil er nicht das Orchester verließ?

  • "Dem Dirigenten droht in diesen Fällen keine Strafverfolgung, da sie inzwischen verjährt sind."

    Ziemlich unpassend, dass solche Delikte mit lebenslangen psychischen Folgen einfach mal so verjähren, als ob das dann egal wäre.

    Der abschreckende Faktor für andere Täter ist dann deutlich gemildert und ein Ausgleich für die Opfer ist nicht mehr möglich.