Ministerpräsidentenkonferenz mit Merz: Bund und Länder verhandeln über Lösung für Steuerausfälle
Die Bundesregierung will mit einem „Investitionsbooster“ die schwächelnde Wirtschaft ankurbeln. Das solle nicht zulasten der Länder gehen, warnen diese.

Um die maue Wirtschaftslage in Schwung zu bringen, will der Bund Firmen Anreize geben für Investitionen, unter anderem durch erweiterte Abschreibungsmöglichkeiten für Maschinen und Elektrofahrzeuge. Ab 2028 soll zudem die Körperschaftsteuer sinken.
Allerdings würden die Pläne wegen sinkender Steuern auch Einnahmeverluste mit sich bringen. Laut Gesetzentwurf wären es für die Kommunen 13,5 Milliarden Euro weniger, für die Länder 16,6 Milliarden und für den Bund 18,3 Milliarden – also insgesamt rund 48 Milliarden. Die Länder verlangen vom Bund einen finanziellen Ausgleich und verweisen dabei vor allem auf die prekäre Haushaltslage vieler hoch verschuldeter Kommunen.
Länder fordern Kompensation
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) unterstützte das Paket grundsätzlich, verwies aber am auf das Prinzip „wer bestellt, bezahlt“. „Natürlich gehen wir mit dem Anspruch einer vollständigen Kompensation auf den Bund zu“, sagte er. Möglich sei am Ende aber auch eine Kompensation zu 90 Prozent.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) äußerte sich ähnlich. „Am Ende muss es zu einer Entlastung der Länder kommen, wenn Maßnahmen des Bundes die Landeshaushalte belasten. Es braucht ein Entgegenkommen“, sagte er dem Nachrichtenportal t-online.
Finanzminister Klingbeil dämpfte die Erwartungen an das Bund-Länder-Treffen: „Wir werden das auf der Ministerpräsidentenkonferenz wahrscheinlich noch nicht abschließen, weil das muss sehr genau diskutiert werden“, sagte er bei einer Veranstaltung der Rheinischen Post. Aber klar sei, dass es eine Lösung geben müsse.
Wüst zeigte sich optimistisch, dass man bei dem Spitzentreffen mit Merz einen Schritt weiter kommen werde. Wenn eine Einigung bis zur Bundesratssitzung am 11. Juli erzielt werden solle, müsse das Gesetzesprojekt jetzt vorankommen. „Sonst landet es am Ende im Vermittlungsausschuss“, warnte er.
Wie eine Lösung aussehen könnte
Die CDU-Ministerpräsidenten haben in einem Schreiben an Kanzler Merz eine grundsätzliche Lösung gefordert: Einen dauerhaften Mechanismus, der immer dann automatisch zugunsten von Ländern und Kommunen greift, wenn Bundesgesetze zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen führen. Dazu sagte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) der Augsburger Allgemeinen: „Es darf nicht sein, dass wir bei jeder neuen Maßnahme wieder von vorn verhandeln“.
Möglich wäre aber auch, dass erst einmal nur eine Lösung für dieses eine konkrete Gesetz gefunden wird. Zur Kompensation könnten die Länder einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer bekommen. Denkbar wäre aber auch, dass der Bund den Kommunen gezielt bei Klimawandel-Programmen oder Sanierungsvorhaben unter die Arme greift und sie so über einen Umweg entlastet.
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) sagte der Augsburger Allgemeinen, für eine wirtschaftliche Trendwende müsse der Staat zunächst in Vorkasse gehen, in Form von Steuerausfällen. Und wenn die Wirtschaft anziehe, flössen auch wieder mehr Steuereinnahmen. Und davon profitierten Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagte, zwar müsse die Wirtschaft angekurbelt werden. „Die gemeinsame Position der Länder ist, dass dieses Paket nicht einseitig zulasten der Länder und Kommunen gehen darf“, betonte die SPD-Politikerin.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Christian Görke, forderte „ein Stoppzeichen“ und verwies auf eine Warnung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor Milliardenentlastungen für die Wirtschaft ohne angemessenen finanziellen Ausgleich. Länder und Kommunen dürften nicht „nur mit Almosen über das Sondervermögen“ abgespeist werden, sagte der Linken-Politiker. „Zum Schluss wiegt die gönnerhafte Investitionszuweisung von 100 Milliarden Euro über elf Jahre an Länder und Kommunen deren Steuerverluste nicht auf“, sagte Görke.
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