piwik no script img

Minenratte Magawa geht in RenteEine heldenhafte Ratte

Sie arbeitete fünf Jahre lang als Landminen-Spürtier in Kambodscha. Kein Nager war so erfolgreich wie sie. Nun geht die Ratte Magawa in Rente.

In würdevoller Pose: Die Ratte Magawa Foto: imago

Das Tier ist 70 Zentimeter lang, männlichen Geschlechts und wiegt 1.230 Gramm. „Magawa“ lautet der Name der Gambia-Riesenhamsterratte, das bedeutet nicht umsonst „Mut“. Den hat Magawa bei unzähligen Einsätzen bewiesen. Die Ratte arbeitete fünf Jahre lang als Landminen-Spürtier in Kambodscha. Magawa ist darauf trainiert, mit seiner feinen Nase die chemischen Komponenten von Sprengstoff zu erschnüffeln. Ist er erfolgreich, dann scharrt Magawa mit den Pfoten in der Erde, um die menschlichen Helfer auf den Fund aufmerksam zu machen.

Kein Nager ist dabei so erfolgreich gewesen wie Magawa, sagen seine Betreuer von der belgischen Hilfsorganisation Apopo. Er hat im Lauf seiner Karriere 71 Landminen und 38 nicht explodierte Sprengkörper aufgespürt und so dafür gesorgt, dass Menschen wieder gefahrlos ihre Felder bestellen können. Doch jetzt geht Magawa in Rente: Er sei „ein bisschen müde“ geworden, sagt Michael Heimann, Programmleiter von Apopo in Kambodscha, die die Ratten als Minenerspürer einsetzt. Als „ausdauernder Arbeiter und immerzu freundlich“ wird Magawa auf seiner Homepage beschrieben.

Die Gambia-Riesenhamsterratte ist in ihrem Leben weit gereist. Geboren wurde Magawa am 25. November 2013 in Morogoro, Tansania. Nach etwa einjährigem Training trat er seinen Dienst 8.000 Kilometer entfernt in Kambodscha an, zusammen mit seinen Kollegen. Das südostasiatische Land gilt als ganz besonders von Landminen und anderen Explosivkörpern verseucht: Mehr als eine Million Tonnen Bomben regneten im Vietnamkrieg dort herunter, über 100 Quadratkilometer sind von Landminen kontaminiert und mehr als 25.000 Menschen mussten nach Explosionen schon Gliedmaßen amputiert werden.

Erfolgreicher als jeder Mensch

Magawa ist bei der Suche nach Sprengkörpern erfolgreicher als jeder Mensch. Binnen einer halben Stunde kann er ein Gelände von der Größe eines Tennisplatzes absuchen, mit dem Metalldetektor würde das bis zu vier Tage dauern. Die Ratte ist zu leicht, um selbst eine Explosion auslösen zu können. „Magawas Leistung ist unschlagbar und ich bin stolz darauf, an seiner Seite gearbeitet zu haben“, gibt sein Betreuer Male zu Protokoll. „Wir vertrauen unseren Ratten“, sagt Christophe Cox, einer der Begründer von Apopo. „Unser Team spielt danach auf dem geräumten Feld Fußball, um die Qualität der Arbeit zu überprüfen.“

Erst vor knapp neun Monaten ist Magawa für seine Leistungen mit dem höchsten britischen Tierorden für Tapferkeit ausgezeichnet worden, dem Pendant des Georgs-Kreuzes für menschliche Helden. Das Tier erhielt für seine außergewöhnlichen Dienste die Goldmedaille der Tierorganisation PDSA.

Magawas letzter Job ist es, 20 seiner Nachfolger anzulernen, danach geht es in die Rente. Seinen Lebensabend wird er mit dem Essen seiner Lieblingsspeisen verbringen, versichert die Hilfsorganisation. Das sind Erdnüsse und Bananen. „Eine außergewöhnliche Ratte“, sagt Heimann, „ganz gewiss werden wir sie bei der Arbeit vermissen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • „Unser Team spielt danach auf dem geräumten Feld Fußball, um die Qualität der Arbeit zu überprüfen.“

    Gruselig.



    Hat er wirklich gesagt "überprüfen" und nicht eher "demonstrieren"?

    • @flip flop:

      Die haben einfach Humor. :)

  • Ja wer produziert denn diese Landminen, die bei Mensch und Tier Körper zerfetzen? Perverser geht`s doch nicht! Die Übeltäter loben den Spürsinn für das Übel. handicap-internati.../landminen-monitor



    2020 .Ähnlich wie bei Landminen zeigen sich auch die Produzenten von Streumunition erfinderisch. In über 30 Ländern wurden bislang weit über 200 verschiedene Typen von Streumunition produziert Zu den größten Produzenten gehören die USA, Russland und China, bis 2008 aber auch Deutschland. Firmen wie Rheinmetall, EADS oder auch Diehl bzw. deren Tochterfirmen, waren an der Herstellung, Entwicklung und dem Export von Streumunition und Verlegesystemen beteiligt. Der Handel mit Streumunition bleibt wie auch bei anderen Waffen oft im Verborgenen.

  • "Mit Ratten und Schmeißfliegen führt man keine Prozesse". F.J. Strauß



    Soll heißen, mit dieser Ratte hätte der ehemalige Atom- und Verteidigungsminister ( beschönigende Amtsbezeichnung für die Aufrüstungsgeschäfte) kurzen Prozeß gemacht.

  • Schönes Beispiel dafür, wie tierische Sinnesorgane all der wunderbaren Technik, die mit hohen Kosten und Aufwand entwickelt wird, doch immer wieder überlegen sind.



    Wäre an der Zeit, dem mal Rechnung zu tragen und die entsprechende Demut und Dankbarkeit zu zeigen.

  • Supermaus!



    Schöner Artikel. Macht schon ein wenig nachdenklich. Die Ratten sind zu leicht, um die MInen auszulösen. Ja aber ein Restrisiko dürfte bleiben. Man denkt sich, jetzt müssen sie für uns unsere heißen "Minenkastanien" aus dem "Feuer" holen.

  • Schöner Beitrag!



    Tolles Bild!



    Cleveres Riesenmäuschen



    www.youtube.com/watch?v=U2UoD19fnSg

    • @Ringelnatz1:

      Wo haben Sie dieses Nagervideo bloß wieder ausgegraben?



      Magnifique

      • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

        anschließe mich