Mindestens 18 Tote: Flüchtlingsboot sinkt vor Senegal
Nur drei Überlebende gibt es, nachdem ein mit Geflüchteten besetztes Boot kentert. Senegals Regierung will härter gegen „Schlepper“ vorgehen.
Senegals neuestes Flüchtlingsdrama wirft erneut ein Schlaglicht auf die rapide Zunahme der illegalen Emigration, meist auf die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln. Rund 7.500 haben es dieses Jahr bereits geschafft, 778 sind nach spanischen Angaben in der ersten Jahreshälfte unterwegs ertrunken. Andere stranden an der Küste der von Marokko annektierten Westsahara – gut 900 allein in diesem Monat, gaben dieser Tage Marokkos Behörden bekannt und kündigten die Repatriierung von 478 Migranten Ende dieser Woche an. Senegals Ministerin für Auslandssenegalesen ist dafür eigens nach Dakhla in der Westsahara gereist.
„Senegals Jugend begeht Selbstmord im Meer und in der Wüste, weil es in diesem Land keine Hoffnung mehr gibt“, schimpfte Boubacar Seye von der Organisation Horizons Sans Frontières, die für eine humanere Migrationspolitik eintritt. Vor wenigen Jahren verbrachte Seye schon eine Zeit im Gefängnis, weil er Senegals Partnerschaft mit der EU gegen illegale Auswanderung kritisiert und der Regierung Veruntreuung von EU-Geldern vorgeworfen hatte. „Mit diesem neuen Drama trauert ganz Senegal“, sagte er jetzt. „Sogar im Krieg sterben die Leute nicht auf diese Weise.“
Senegals Regierung kündigte verschärfte Maßnahmen gegen „Schlepper“ an. Innenminister Antoine Félix Abdoulaye Diome besuchte am Montag die Leichenhalle des Krankenhauses von Ouakam und kündigte laut der Regierungszeitung Le Soleil an, die Regierung werde am Donnerstag eine „Nationale Strategie gegen irreguläre Migration“ verabschieden, deren zentrales Element die Schaffung eines interministeriellen Komitees sei. Dieses Komitee solle die mit Migration und Grenzschutz betrauten Behörden koordinieren und „Unterstützung der Streitkräfte im Kampf gegen dieses Phänomen“ organisieren.
Boubacar Seye, Horizons Sans Frontières
Nur Bürokratie und Repression – dieser Umgang mit Emigration stößt auf breite Kritik. Der linke Oppositionelle Thierno Alassane Sall, der selbst als Emigrant in Mauretanien und Marokko gelebt hat, erinnert in einer Stellungnahme an die Gründe für die Auswanderungssehnsucht unter Senegals Jugend: Krise der Landwirtschaft, Ausplünderung der Fischerei durch fremde Flotten, Fehlen funktionierender Berufsausbildung und vor allem „der Traum eines europäischen Eldorados, der auf einer negativen Sicht auf Afrika gründet“. Auch Europa sei aufgefordert, „legale und sichere Migrationswege“ zu schaffen, denn „Europas Einwanderungspolitik verschärft die Situation“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr