Minderheiten in Niedersachsens Landtag: Die Groko bricht ihr Versprechen
Niedersächsische Grüne und FDP kritisieren die Große Koalition. Die hatte Unterstützung versprochen. Nun muss die Opposition auf die AfD hoffen.
Die große Koalition hat im Landtag 105 von 137 Sitzen inne. Um Akteneinsicht einzufordern, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen oder ein Gesetz mithilfe einer Normenkontrollklage vor dem Staatsgerichtshof überprüfen zu lassen, brauchen die Oppositionsparteien ein Fünftel der Stimmen im Landtag – das aber können Grüne und FDP nur gemeinsam mit der AfD erreichen. Die Oppositionsparteien wollen aber nicht auf die Unterstützung der AfD angewiesen sein.
Sie forderten deshalb eine Änderung in der Landesverfassung, um die genannten Oppositionsrechte mit weniger Stimmen wahrnehmen zu können. Die große Koalition versprach stattdessen eine „öffentliche Vereinbarung“. Man werde Grünen und FDP, wenn es konkret würde, die fehlenden Stimmen leihen.
Nun ist dieser Fall eingetreten. Grüne und FDP wollen das im Mai beschlossene niedersächsische Polizeigesetz vom Staatsgerichtshof auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen. Von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist jedoch zu hören: „Damit wäre ja der Gedanke verbunden, dass Abgeordnete, die selbst für ein Gesetz gestimmt haben, anschließend gegen ihr eigenes Gesetz vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg klagen.“
Keine schriftliche Vereinbarung
Der SPD-Abgeordnete Wiard Siebels bezeichnet die Situation als „missliche Lage“. Es sei tatsächlich über die Normenkontrollklagen mit der Opposition diskutiert worden, doch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages habe abgeraten. Die Frage stehe im Raum, ob ein Abgeordneter, der für ein Gesetz gestimmt habe, überhaupt gegen dieses Gesetz klagen dürfe, so Siebels.
Eine schriftliche Vereinbarung gab es nie. „Und jetzt haben wir die Situation, die wir nie haben wollten“, ärgert sich Julia Hamburg (Grüne). Die AfD hat bereits angekündigt, für die Überprüfung des Polizeigesetzes zu stimmen. Andrea Maestro
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“