Verfassungsklage gegen Landesregierung: „Informationspflichten verletzt“

In Niedersachsen ziehen FDP und Grüne wegen der Informationspolitik der Landesregierung bei Corona-Verordnungen vor den Staatsgerichtshof.

Zwei Politiker stehen vor Mikrofonen in der Halle des niedersächsischen Landtages.

Julia Hamburg (Grüne) und Stefan Birkner (FDP) bei der Ankündigung der gemeinsamen Klage Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Bückeburg taz | FDP und Grüne wollen in Niedersachsen vor dem Staatsgerichtshof Klage gegen die Landesregierung erheben. Die beiden Oppositionsparteien beklagen, dass das Parlament über die quasi wöchentlich erlassenen neuen Corona-Verordnungen immer erst über die Medien informiert worden sei.

„Das widerspricht Artikel 25 der Niedersächsischen Verfassung, wonach die Landesregierung verpflichtet ist, den Landtag frühzeitig und vollständig über geplante Rechtsverordnungen mit wesentlichem Inhalt zu unterrichten“, sagte der Vorsitzende der FDP-Fraktion Stefan Birkner am Dienstag in Hannover.

Und die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Julia Willie Hamburg, erklärte: „Die Regierung von Stephan Weil hat aus mehreren Niederlagen vor Gericht allein in der Coronakrise rein gar nichts gelernt. Anders lässt sich die Arroganz kaum erklären, mit der unsere wiederholten Hinweise auf die grundlegenden Informationspflichten der Regierung gegenüber dem Parlament abgetan werden.“ Die beiden Fraktionen bereiten nun eine Klage mit Eilantrag vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg vor.

CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer, der sich als Erstes zu den Vorwürfen der Opposition äußerte, sagte, man blicke dem Eilverfahren gelassen entgegen. Der Vorwurf der mangelnden Beteiligung laufe rechtlich wie inhaltlich ins Leere. Gleichwohl sei es natürlich das gute Recht der Opposition, das Handeln der Landesregierung verfassungsgerichtlich prüfen zu lassen.

Die AfD kündigte eine eigene Klage an

Er warnte aber auch vor Beifall aus der falschen Ecke: „Grüne und FDP sollten sich allerdings der Gefahr bewusst sein, dass sie mit ihrer Klage möglicherweise ungewollt jene unterstützen, die aktuell die demokratische Legitimation der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie infrage stellen“, sagte Toepffer. Die AFD kündigte eine eigene Klage vor dem Staatsgerichtshof an. Von der Staatskanzlei und der SPD waren bis zum Redaktionsschluss keine Stellungnahmen zu bekommen.

Vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg sind derweil noch immer 103 Eilanträge und Hauptsacheverfahren zu einzelnen Coronamaßnahmen anhängig, wie ein Gerichtssprecher dem NDR mitteilte. 54 dieser Vorgänge seien noch nicht abschließend bearbeitet. Viele Unternehmer zogen vor Gericht, um eine Arbeitserlaubnis ihrer Betriebsstätten durchzusetzen.

Kassiert hatte das OVG unter anderem die Quarantänepflicht für aus dem Ausland Einreisende und die Schließung von Tattoostudios. In anderen Entscheidungen bestätigte es die Linie der Landesregierung. Ob eine Beteiligung des Parlaments an dieser „Fehlerquote“ tatsächlich etwas geändert hätte, wie die Grünen-Fraktionsvorsitzende anführt, ist fraglich.

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