Milizenkrieg in Sudan: Kämpfe in Darfur weiten sich aus
El Fasher, die letzte noch nicht ganz von Sudans RSF-Miliz kontrollierte Provinzhauptstadt in Darfur, wird Kriegsgebiet. Die Bevölkerung leidet.
El Fasher, die Hauptstadt der Provinz Nord-Darfur, ist die einzige noch von Sudans Regierung gehaltene Provinzhauptstadt in der Region. Sie war zu Beginn des Krieges im April und Mai 2023 ebenfalls umkämpft, aber lokal ausgehandelte Stillhalteabkommen zwischen der Armee und der aufständischen paramilitärischen Miliz RSF (Rapid Support Forces) sorgten danach für relativen Frieden.
Die RSF blieb in südlichen Stadtvierteln präsent, die Armee behielt den Flughafen und die Militäreinrichtungen im Norden der Stadt, die daraufhin zum Zufluchtsort für viele Menschen aus Darfurs Kriegsgebieten wurde.
Dieses Stillhalten ist nun vorbei. Luftangriffe der Regierung trafen am Sonntagabend ein südliches Stadtviertel von El Fasher, meldeten lokale zivilgesellschaftliche Gruppen. Videoaufnahmen zeigten blutüberströmte Verletzte im Krankenhaus der Stadt. Zuvor hatte die RSF andere Teile der Stadt mit Artillerie beschossen. In mehreren Angriffen ab dem 6. April hatte die Miliz eine Reihe von Dörfern westlich von El Fasher niedergebrannt und ihre Einwohner vertrieben.
Eroberung dürfte neue Fluchtbewegungen auslösen
Die RSF soll auch die strategisch wichtige Stadt Mellit eingenommen haben, die 60 Kilometer nördlich von El Fasher auf der Straßenverbindung Richtung Libyen liegt – eine wichtige Nachschubroute zur Versorgung der Miliz. Man habe einen „entscheidenden Sieg“ errungen, die Armee und verbündete „Söldner“ vertrieben und die „volle Kontrolle“ über Mellit hergestellt, teilte die RSF in der Nacht zu Montag mit. Es sei nun aus dem Norden „neue Militärverstärkung“ angekommen, hieß es weiter.
In Mellit waren ehemalige Darfur-Rebellen stationiert, die schon vor zwanzig Jahren gegen die regimetreue RSF-Vorläufermiliz Janjaweed kämpften. Teile der damaligen Rebellengruppen SLM (Sudan Liberation Movement) und JEM (Justice and Equality Movement) haben sich mit Sudans Armee gegen die RSF verbündet – der ehemalige SLM-Rebellenführer Minni Minawi ist schon seit 2021 Gouverneur der Region Darfur.
Die Minawi-treue Joint Force of Armed Struggle Movements (JSAMF) verkündete am vergangenen Donnerstag in El Fasher, die bewaffneten Gruppen gäben ihre bisherige Neutralität auf und würden nun El Fasher verteidigen. „Wir fordern das Volk von Darfur dazu auf, El Fasher zu verteidigen, damit es zum Ausgangspunkt der Befreiung des Landes wird“, sagte Minawi in einer Fernsehansprache. Die „Provokationen“ der RSF müssten enden.
Andere Rebellengruppen machen dabei aber nicht mit. Analysten zufolge haben die daraus entstandenen Spannungen die Joint Force gespalten und damit die RSF zu ihrem Vorstoß ermutigt. Die Eroberung von Mellit ermöglicht der Miliz die Kontrolle über den Großteil der Provinz Nord-Darfur außerhalb der Hauptstadt und dürfte neue Fluchtbewegungen Richtung Tschad auslösen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin