Migrationsexperte über Offenen Brief: „Horst Seehofer muss zurücktreten“
Der CSU-Politiker hatte versprochen, ein „Heimatminister für alle“ zu sein. Migrationsexperte Karim El-Helaifi merkt davon nichts.
taz: Herr El-Helaifi, Sie haben an einem offen Brief mitgeschrieben, in dem viele Menschen aus Einwandererfamilien CSU-Innenminister Horst Seehofer zum Rücktritt auffordern. Warum?
Karim El-Helaifi: Seehofer hatte angekündigt, dass er ein „Heimatminister für alle“ sein will. Davon merken wir nichts – im Gegenteil. In einer Zeit, in der Neonazis auf die Straße gehen, den Hitlergruß zeigen und „Ausländer raus“ rufen, erklärt der Bundesinnenminister, Migration sei die Mutter aller politischen Probleme. Damit lässt er bewusst die Interpretation zu, unsere bloße Anwesenheit sei das Problem.
Im Moment gibt er den Heimatminister für ältere, weiße Männer, die sich schwer damit tun, wenn Frauen das Sagen haben und Migrant*innen keine Migrant*innen mehr sind, sondern Deutsche. Das ist für einen Minister 2018 inakzeptabel.
Was wünschen Sie sich stattdessen von einem Innenminister?
Ein klares Bekenntnis zur pluralen Gesellschaft. Wir würden gern mal eine Rede von ihm hören, von mir aus auch im Bierzelt, in der er erklärt, dass rassistische Gewalt und Diskriminierung inakzeptabel sind. In der er uns Menschen aus Einwandererfamilien erklärt, dass er sich um unsere Sicherheit kümmert. Dass er und seine Leute den Rechtsextremismus bekämpfen. Doch die wenigen Dinge, die er in den vergangenen Wochen gesagt hat, klingen eher nach Empowerment für Rechtsradikale.
Sind Sie von der „schweigenden Mehrheit“ ohne Migrationshintergrund enttäuscht?
Karim El-Helaifi, ist 1990 in Berlin geboren und Sprecher der "neuen deutschen organisationen", einem bundesweitem Netzwerk gegen Rassismus.
Schweigen heißt immer auch zustimmen. Und wir in Deutschland wissen, welche Gefahr von schweigenden Mehrheiten ausgeht. Dieses Land hat schon einmal versagt, den Anfängen zu wehren. Deswegen muss man auch mal klar sagen: genug ist genug!
Uns jedenfalls reicht es. Wenn ein Bundesminister Migration zur „Mutterproblematik“ erklärt, hat das konkrete Auswirkungen auf den Alltag von People of Color und Schwarzen Menschen in Deutschland. Und das darf ein Heimat-Innenminister nicht zulassen.
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