Migrationsbekämpfung in Afrika: Ein kümmerliches Angebot
Die Bundesregierung versucht, afrikanische Staaten als Partner zu gewinnen, um die Migration zu reduzieren. Warum sollen die da eigentlich mitmachen?
D ie Deutschen wollen billiges Gas und mehr Abschiebungen – das bleibt in Afrika hängen nach den Besuchen von Bundeskanzler Scholz in Ghana und Nigeria und Innenministerin Faeser in Marokko.
Auf die erhofften Rücknahmeabkommen verweisen Ampelpolitiker:innen gebetsmühlenartig. Es ist eine bedrückend kümmerliche Antwort auf die Migrationsfrage – und ein ebenso kümmerliches Angebot an die Afrikaner:innen, die man in einer äußerst schwierigen Lage weiterhin als Partner gewinnen will.
Russland und China sind in Afrika präsenter denn je, machen teils sehr lukrative Angebote – ohne das Migrationsthema. Unvergessen ist in Afrika die harte Haltung der Europäer zu den Covid-Impfstoffen. Die Toten im Mittelmeer, dass führende Politiker nun „physische Gewalt“ gegen Flüchtende fordern – all das wird registriert, befeuert die antiwestliche Stimmung. Der Gazakrieg kam hinzu. Das Ansehen des Westens ist durch sein zu zögerliches Eintreten für den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung im Rest der Welt schwer beschädigt.
Umso aussichtsloser scheint es, nun auf die großen Abschiebedeals zu hoffen. Nigeria war schon 2008 das erste afrikanische Land, mit dem die EU-Grenzschutzagentur Frontex ein Arbeitsabkommen schloss. Nach Marokko flog schon Ex-Innenminister Thomas de Maizière, um die biometriegestützte Identifikation Ausreisepflichtiger anzuschieben.
Doch bis heute ziehen die afrikanischen Staaten bei Abschiebungen nicht so mit, wie die EU will. Das liegt auch am schlechten Stand der Europäer. Und die geforderten Arbeitsvisa als Ausgleich will die EU auch nicht zusagen – absurd angesichts der Arbeitskräftelücke hierzulande. Wer Afrika auf Dauer als Partner gewinnen will, muss mehr bieten. Etwa eine Ausweitung der Westbalkanregelung für Arbeitsmigrant:innen auf solche aus afrikanischen Staaten.
In Deutschland muss mehr getan werden
Nächste Woche steht der nächste Flüchtlingsgipfel der Bundesländer an. Die Kommunen brauchen mehr Geld. Mit dem, was Finanzminister Lindner ihnen geben will, werden sie nicht zufrieden sein. Und AfD, Union und auch die FDP werden absehbar nicht damit aufhören, das Migrationsgeschehen als größtes aller Probleme hinzustellen.
SPD und Grüne müssten dies zurückweisen – und wieder mehr über Dinge reden, die bessere Bedingungen für die Integration schaffen und die zusätzlich auch allen anderen zugutekommen: Wohnen, Schulen, Rente, Pflege, Gesundheit. Stattdessen machen sie die obsessive Fixierung auf die Migrationsfrage mit – und hoffen, die Afrikaner:innen würden das Problem für sie entschärfen. Das wird nicht geschehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen