Migration und Integration: Diskriminierende Forschung
Die Fachschaft für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität kritisiert den Professor Ruud Koopmans für rassistische Verallgemeinerungen
In einer Stellungnahme kritisiert die Fachschaft für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität (HU) den Professor Ruud Koopmans für „wissenschaftlich höchst fragwürdige Ergebnisse“. Diese nutze er, „um Stimmung gegen Personen muslimischen Glaubens in Deutschland zu machen“, heißt es in der Erklärung. Neben seiner Tätigkeit als Professor für Soziologie und Migrationsforschung am Institut für Sozialwissenschaften der HU ist Koopmans Direktor der Abteilung „Migration, Integration und Transnationalisierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).
Weil Koopmans durch prominente mediale Auftritte – etwa bei Anne Will und in den Zeitungen FAZ und NZZ – erheblichen Einfluss auf die öffentliche Debatte genieße und angesichts des zunehmenden antimuslimischen Rassismus, habe man sich dazu entschlossen, den Fall öffentlich zu machen, sagt Robert Vief von der Fachschaft gegenüber der taz. „Die tendenziösen und wissenschaftlich zweifelhaften Arbeiten von Koopmans stehen nicht nur bei uns in der Kritik“, sagt er. Weil sich sonst niemand traue, Koopmans öffentlich zu kritisieren, habe sich schließlich die Fachschaft dazu entschlossen.
In der Stellungnahme kritisieren die Studierenden Koopmans' „verallgemeinernde Aussagen“ zu fundamentalistischen Einstellungen unter MuslimInnen in Deutschland. Abgesehen von seinen „Definitionskriterien für die Verwendung des Begriffs“ lasse auch das methodische Vorgehen an der Repräsentativität seiner Ergebnisse zweifeln. Problematisch sei zudem, dass Koopmans Integration mit Assimilation gleichsetze und Diskriminierungserfahrungen von MigrantInnen außer Acht lasse.
Diskriminierung im Kleide der Wissenschaft
„Gerade in Zeiten der AfD-Erfolge sind solche problematischen Thesen in wissenschaftlicher Kleidung eine ernst zu nehmende Gefahr“, so Vief. Bei einer Sitzung des Institutsrats am Mittwoch habe die Stellungnahme der Fachschaft die Unterstützung zahlreicher MitarbeiterInnen und mancher ProfessorInnen erfahren. Andere dagegen hätten die Form der studentischen Kritik angeprangert. Im Rahmen der Sitzung sei auch die Idee einer Podiumsdiskussion zum Thema aufgekommen, die bald stattfinden soll.
Koopmans äußerte sich derweil noch nicht öffentlich. Indirekt, über Mitglieder des Institutsrats, ließ er jedoch Gesprächsbereitschaft verkünden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist