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Migration in die EUBalkanroute wieder dicht?

Ungarn, Österreich und Serbien wollen illegale Einreisen in die EU mit gemeinsamen Maßnahmen massiv begrenzen. Brüssel sei zu passiv, so die Kritik.

Migranten eher nicht willkommen: ungarische Grenze zu Serbien bei Roszke Foto: Tibor Rosta/ap

Wien taz | Drei Männer, ein Plan. Ungarns Hauptstadt Budapest war am Montag Schauplatz eines Dreiländergipfels gegen die Migration. Gastgeber Viktor Orbán empfing seine Nachbarn Karl Nehammer aus Österreich und Aleksandar Vučić aus Serbien. Bei einer Pressekonferenz gaben sie anschließend bekannt, wie sie illegale Einreisen in die EU einschränken wollen.

Eine Schlüsselrolle dabei spielt Serbien, das Reisende aus Indien und Tunesien visafrei ins Land lässt. Nehammer (ÖVP) verkündete, der serbische Präsident habe zugesagt, „die serbischen Visaregeln an die EU anzugleichen“. Und zwar bis Jahresende. Von Vučić war zu hören: „Serbien sollte nicht ausgenützt werden von jenen, die nicht wegen beruflicher Angelegenheiten kommen, sondern für illegale Migration Richtung Westen.“

In Österreich sind indische Staatsbürger in den letzten Monaten zur größten Bevölkerungsgruppe geworden, deren Angehörige an der Grenze aufgegriffen wurden und Asyl beantragt haben. Die meisten, so Medienberichte, wollen in Süd- oder Westeuropa Arbeit suchen. Viele sind auch schon in Spanien oder Italien in der Landwirtschaft tätig gewesen. Obwohl auch in Indien und im Maghreb politische Verfolgung an der Tagesordnung ist, zeigt die Praxis, dass die Chancen auf Asyl für Menschen aus diesen Regionen gering sind.

Österreichische Politiker hatten wiederholt über die Einreiseregeln des Nicht-EU-Staats Serbien geklagt und diese dafür verantwortlich gemacht, dass bis Ende August 56.147 Asylanträge in Österreich registriert worden sind. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet das eine Steigerung von 195 Prozent.

Belebung des Tourismus

Neben Indern und Tunesiern können auch Angehörige weiterer Drittstaaten visafrei nach Serbien einreisen. Diese liberale Einreisepolitik, die der Belebung des Tourismus dienen soll, steht in Widerspruch zur Behandlung von Flüchtlingen durch die serbische Polizei.

Solange die EU nicht effizient eingreift, müssen wir uns selbst helfen. Daher tut Österreich alles, um sich zu schützen. Wir wollen dazu mit Serbien und Ungarn weitere Maßnahmen ergreifen. Wenn die serbischen und ungarischen Grenzen geschützt sind, ist auch unsere Grenze geschützt“, sagte Nehammer vor dem Treffen gegenüber der österreichischen Presse, die die demokratische Qualität der Gesprächspartner in Frage gestellt hatte. Weitere Gespräche in dieser Zusammensetzung und Treffen auf Beamtenebene sind geplant.

Österreich schickt seit Jahren Polizisten an die ungarisch-serbische Grenze, die dort helfen sollen, Schlepper abzufangen. Ihre Anzahl wird jetzt von 50 auf 70 erhöht. Ungarn hat in diesem Jahr bereits 182.000 aufgegriffene Personen an der serbischen Grenze gemeldet. Aus Serbien melden Freiwillige immer wieder illegale Pushbacks.

Orbán verteidigte den Alleingang der drei Länder mit dem fehlenden Rückhalt der EU für seine Migrationspolitik: „Aus Brüssel ist noch nie Hilfe gekommen. Dort werden uns Regeln aufgezwungen, die in dieser Ecke der Erde lebensfremd sind. Wenn wir unsere Regeln anwenden, werden wir vor den Europäischen Gerichtshof gezerrt.“

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