Mietpreisentwicklung in Hamburg: Wohnen doch nicht teuer
Eine Studie der Wohnungswirtschaft attestiert Hamburg einen weitgehend entspannten Wohnungsmarkt. Linke und MieterInnenverein reiben sich die Augen.
Nach der Analyse des Berliner Center for Real Estate Studies (Cres) liegt die Nettokaltmiete bei durchschnittlich 8,21 Euro pro Quadratmeter. 70 Prozent aller Mieten liegen demnach zwischen 6,19 Euro und 10,24 Euro. Bei Neuverträgen müssen die MieterInnen im Schnitt knapp einen halben Euro mehr berappen. Die jährlichen Mietsteigerungen lagen laut Studie in den vergangenen zehn Jahren unter der Inflationsrate.
Dass die Studie relativ moderate Mieten und Mietsteigerungen ausweist, liegt laut Studien-Leiter Marco Wölfle an der Methodik: „Wir bilden den Markt realistisch ab.“ Viele Analysen der Vergangenheit hätten nur die VermieterInnenforderungen auf Immobilienportalen ausgewertet. Die würden zum einen beim Vertragsabschluss oft gar nicht erreicht, zum anderen würden diese Analysen nur Segmente des freien Wohnungsmarktes abbilden. Genossenschafts- und Sozialwohnungen – immerhin 36 Prozent des Gesamtbestandes – fänden hier nicht statt und viele Hausverwaltungen würden auf den Portalen gar nicht inserieren.
Während der Hamburger Mietenspiegel nur Neuvertragsmieten und Wohnungen zeigt, deren Miete in den vergangenen vier Jahren erhöht wurde, erfasst die Cres-Studie auch Wohnungen mit seit Jahren stabilen Mieten sowie geförderte Wohnungen und wertete die 22-fache Wohnungsanzahl aus. Im 2017 erschienenen Mietenspiegel lag die Durchschnittsmiete bei 8,44 Euro pro Quadratmeter, sein Nachfolger wird noch vor Jahresende erwartet.
Linke bezweifelt die Zahlen
Die Botschaft der Wohnungswirtschaft: Statt staatlicher Eingriffe und Mietbegrenzungen bedarf es weiterer Deregulierung, um die Neubautätigkeit weiter auf hohem Niveau zu halten. Halte das Angebot mit der Nachfrage Schritt, blieben auch die Mieten stabil.
Für die regierende SPD belegt die Studie die Bedeutung des von ihr forcierten „städtischen, genossenschaftlichen und sozialen Wohnungsbaus“. Trotzdem, so die Sprecherin für Stadtentwicklung, Martina Koeppen, werde man weiter „Möglichkeiten wie Soziale Erhaltungssatzungen, Vorkaufsrechte und Kappungsgrenzen nutzen, um die Hamburgerinnen vor Verdrängung und Mietsteigerungen zu schützen“.
Heike Sudmann von der Linken zweifelte die Zahlen der Studie an. Diese erfülle „nur den Zweck, jede Diskussion um Mietenstopp und Mietendeckelung im Keim zu ersticken“. Auch Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern hält die Studie für eine „Nebelkerze“. Im freien Wohnungsmarkt seien die Mieten in Wahrheit stärker gestiegen, Hamburg brauche deshalb „einen Mietenstopp für mindestens fünf Jahre“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?