Mietpreisbremse tritt in Kraft: Mit beschränkter Wirkung

Ab heute gilt das „Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten“. Was beinhaltet es genau?

Orangefarbener Sonnenschirm auf einem Balkon eines Wohnhochhauses

Wird jetzt alles besser? Blick auf ein Wohnhochhaus in Mainz. Foto: dpa

Was bedeutet die „Mietpreisbremse“, die am 1. Juni in Kraft tritt? Das sogenannte Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten besagt, dass die Miete bei einer Neuvermietung nicht höher liegen darf als zehn Prozent über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“. Damit soll vermieden werden, dass Hausbesitzer in einer Gegend mit engem Wohnungsmarkt bei einem Mieterwechsel plötzlich sehr hohe Mieten verlangen.

Für welche Wohnungen gilt die Mietpreisbremse? Wichtig ist erstmal zu wissen, für wen sie nicht gilt. Das sind nämlich viele Fälle. So gilt die Bremse nicht, wenn der Vormieter schon eine hohe Miete bezahlt hat, die weit über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Dann ist es für den Folgemieter nicht möglich, die Miete zu senken. Auch bei der Erstvermietung von Neubauten gilt die Bremse nicht oder nach umfassenden Modernisierungen, wenn die Modernisierungskosten mindestens ein Drittel von vergleichbaren Neubauten betragen. Auch darf ein Vermieter nach wie vor elf Prozent der Modernisierungskosten eines Hauses auf die jährlichen Mieten umlegen und diese entsprechend erhöhen, selbst wenn die Miete danach höher ist als die Vergleichsmiete plus zehn Prozent. Vor allem aber: Die Mietpreisbremse gilt nur in Gebieten mit „angespannten Wohnungsmärkten“.

Welche Gebiete sind das? Die Bundesländer müssen diese Wohngebiete in ihrer Region per Länderverordnung erst noch bestimmen. Der Deutsche Mieterbund schätzt, das nur 20 Prozent der neu abgeschlossenen Mietverträge auf Städte und Gemeinden mit erhöhtem Wohnungsbedarf entfallen werden, wenn die Bundesländer diese Gebiete entsprechend ausweisen.

Gibt es schon Ankündigungen, welche Kommunen als „angespannt“ definiert werden? Bisher hat nur das Land Berlin erklärt, die Hauptstadt ab 1.Juni zum Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt zu erklären. Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und andere Länder wollen für einige Kommunen nachziehen. In Bundesländern mit geringer Wohnungsnachfrage und Leerstand wie Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt oder dem Saarland gibt es wohl keine Mietpreisbremse.

Für welche Städte wird die Bremse gelten? Es gibt eine Städteliste, die als Vorbild dienen könnte. Denn bisher hatten einige Bundesländer schon „angespannte Wohnungsmärkte“ definiert, zwar nicht für die Mietpreisbremse, aber für die Kappungsgrenze bei Bestandsmietenerhöhungen, dieses Gesetz ist schon länger in Kraft. Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbundes, bezeichnet diese Liste mit mehr als 200 Gemeinden als eine Art Blaupause für die künftigen Geltungsgebiete der Mietpreisbremse.

Welche Gebiete stehen auf dieser Liste? Die Liste verzeichnet Metropolen wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Bremen, Hamburg, München, Kassel, Mainz, Köln und Potsdam, aber auch kleinere Städte wie Trier und Königs-Wusterhausen. Es ist aber nicht klar, ob all diese Gebiete mit der abgesenkten Kappungsgrenze auch unter die Mietpreisbremse fallen werden, denn die Länder müssen diese Gemeinden dafür noch einmal extra ausweisen. Die örtlichen Vermieterverbände leisten dabei großen Widerstand. In Hamburg etwa möchte die Landesregierung die Mietpreisbremse zwar haben, die Hauseigentümerverbände drohen aber damit, ein politisches Bündnis für Wohnungsbau zu verlassen, wenn die Regulierung käme. Der Streit soll bald entschieden werden. Baden-Württemberg hat kürzlich angekündigt, bestimmte Gebiete als „angespannte Wohnungsmärkte“ zu bestimmen, darunter Stuttgart, Freiburg, Heidelberg und Tübingen. Dann käme hier auch die Mietpreisbremse.

Wie ist per Gesetz ein „angespannter Wohnungsmarkt“ definiert? Laut der Mietrechtsnovelle herrscht in einer Gemeinde ein angespannter Wohnungsmarkt, wenn die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt oder wenn die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt oder wenn die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass der Neubau zusätzliche Wohnungen schafft. Es gibt also bestimmte Vorgaben für diese Gebiete. Die Rechtsverordnungen der Länder zum „angespannten Wohnungsmarkt“ gelten dann für fünf Jahre, können aber verlängert werden.

Wenn in meinem Gebiet die Mietpreisbremse gilt, wie erfahre ich als Wohnungssuchender, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete für eine Wohnung ist? In den meisten Metropolen gibt es sogenannte qualifizierte Mietspiegel, die je nach Lage und Ausstattung der Wohnungen die Bestandsmieten und deren Spannen auflisten. In vielen Gemeinden existieren einfache örtliche Mietspiegel, die von der Verwaltung erhoben wurden.Wo es keine Mietspiegel gibt, könnten die Mieter Informationen über Datenbanken etwa der Mietervereine sammeln, Sachverständigengutachten einholen oder drei Vergleichswohnungen benennen, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Es ist aber davon auszugehen, dass in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten Mietspiegel vorhanden sind.

Kann ich als Wohnungssuchender eine teure Wohnung anmieten und erst danach mit Verweis auf den Mietspiegel eine günstigere Miete fordern? Wenn sich die Wohnung in einem Gebiet befindet, in dem per Rechtsverordnung ein „angespannter Wohnungsmarkt“ herrscht, ist das möglich. Dann müsste der Mieter die überhöhte Miete zuerst rügen. Falls der Vermieter dem widerspricht, kann man klagen. Der Vermieter trägt dabei die Beweislast, nachzuweisen, dass die hohe Miete nicht ungesetzlich ist. Für den Mieter wäre es allerdings gut zu wissen, welche Miete der Vormieter gezahlt hat, denn wenn dieser schon eine hohe Miete hatte, ist eine Rüge aussichtslos. Auch sollte sich der Mieter nach den erfolgten Modernisierungen erkundigen. Bekommt der Mieter recht, wird eine überhöhte Miete aber nicht rückwirkend zurückgezahlt.

Wie verbindlich sind die Mietspiegel, wenn es zu einer Klage vor Gericht kommt? Das ist die Frage. Der Deutsche Anwaltverein bedauert, dass die gesetzlichen Vorgaben für die Erstellung von Mietspiegeln, auch von qualifizierten Mietspiegeln, zu unverbindlich sind. Es gibt zwar Vorgaben, dass in den Mietspiegeln nur Bestandsmieten erfasst werden dürfen, die in den vergangenen vier Jahren verändert wurden. Die qualifizierten Mietspiegel aber beruhen vor allem auf Befragungen und nicht auf flächendeckenden Datenbanken und einheitlichen Erhebungskriterien. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat den Berliner Mietspiegel kürzlich für ungültig erklärt, weil die Kriterien der Erstellung angeblich zu willkürlich seien. Das Urteil ist aber bisher nur in der ersten Instanz gefallen und betrifft auch nur den Mietspiegel von 2013. Inzwischen gilt in Berlin bereits ein Neuer.

Gibt es Schätzungen, wie viel Wohnungsangebote von der Preisbremse betroffen sein könnten? Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kam in einer Erhebung zu dem Schluss, dass in Berlin etwa in 60 Prozent der Wohnungsinserate Mieten verlangt wurden, die höher waren als die Mietpreisbremse zuließe, in Köln waren es 43 Prozent. Allerdings hat das Institut nicht differenziert, inwieweit bei diesen Angeboten schon die Vormieter eine hohe Miete zahlten oder inwieweit die Wohnung modernisiert wurde, dann würde die Bremse ja nicht greifen.

Sind die Wohnungen in begehrten Städten nicht auch heute schon per Mietspiegel ziemlich teuer, so dass die Mietpreisbremse gar nicht viel bringt? In den sehr nachgefragten Metropolen weisen die Mietspiegel in der Tat jetzt schon hohe Mieten auf. In München etwa kostet eine Altbauwohnung in einigermaßen guter Lage schon zwölf Euro nettokalt der Quadratmeter, das ist für viele Mäßigverdiener schon zu viel. In Städten mit hohen Sprüngen bei Wiedervermietungen allerdings könnte die Mietpreisbremse wirken.

Gibt es Rechnungen, um welche Summen die Mieten durch die Mietpreisbremse gedämpft werden? Im Gesetzentwurf machte die Bundesregierung dazu eine Rechnung auf: Da in teuren Märkten die Wiedervermietungsmieten durchschnittlich um 23 Prozent über den ortsüblichen Vergleichsmieten liegen, würden sie durch die Preisbremse um 13 Prozent gedämpft – denn zehn Prozent über der Vergleichsmiete ist ja erlaubt. Bei einer durchschnittlichen Mietwohnungsgröße von 65 Quadratmetern wären dies etwa 56 Euro pro Wohnung und Monat.

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