Mietpreisbremse soll verlängert werden: Mieterschutz gegen Quick-Freeze
Nach langer Blockade einigt sich die Ampel bei Datenspeicherung und Mietpreisbremse. Andere Vorhaben lassen auf sich warten.
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„Es war höchste Zeit. Das Quick-Freeze-Verfahren kommt“, sagte der Bundesjustizminister am Mittwoch der Welt. Das sei „ein guter Tag für Freiheit und Sicherheit in Deutschland“. Weniger euphorisch klang er beim Thema Mieterschutz: Man habe sich darauf verständigt, „die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für eine Verlängerung der Mietpreisbremse“ zu schaffen. Die Landesregierungen sollten „selbst entscheiden, ob sie von diesem Instrument auch weiterhin Gebrauch machen wollen“.
Inhaltlich haben diese beiden Themen rein gar nichts miteinander zu tun. Aber sie waren Teil eines lang andauernden Streits zwischen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Letzterer legte bereits im Oktober 2022 einen alternativen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung vor. Bundesinnenministerin Nancy Faeser wollte dem in dieser Form aber nicht zustimmen, weil sie sich mehr Befugnisse wünschte und alle IP-Adressen speichern wollte.
An dieser Stelle kommt die geplante Mietrechtsnovelle ins Spiel – als politisches Druckmittel des Justizministers. Buschmann weigerte sich, mietrechtliche Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Diese sind der SPD besonders wichtig. Ganz nach dem Motto: Mieterschutz nur gegen mehr Datenschutz. Lange Zeit war nicht klar, ob es überhaupt noch zu einer Einigung kommt.
Kappungsgrenze ist relevant für alle Mieten
Die Mietpreisbremse wurde 2015 eingeführt und gilt bislang bis Ende 2025. Sie regelt in angespannten Wohnlagen die maximal zulässige Miethöhe bei Neu- oder Wiedervermietungen. Das heißt: Bei Vertragsabschluss darf die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen. Für Neubauten gilt das allerdings nicht. Wo ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt, können Landesregierungen für fünf Jahre festlegen.
Mit der Verlängerung bis 2029 wird nun eins von mehreren mietrechtlichen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Die anderen lassen weiter auf sich warten. Das betrifft vor allem die Senkung der sogenannten Kappungsgrenze und eine Verbesserung von Mietspiegeln. Für Gemeinden über 100.000 Einwohner*innen sollten qualifizierte Mietspiegel verpflichtend werden.
Die Kappungsgrenze ist relevant für alle Mieten, die noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Derzeit gilt in angespannten Wohnlagen, dass Mieten innerhalb von drei Jahren höchstens um 15 Prozent steigen dürfen. Die Ampel hatte sich vorgenommen, diese Grenze auf 11 Prozent zu senken, um den Mietenanstieg zu verlangsamen. Passiert ist bislang nichts. Buschmann verriet der Welt, es gebe „zwischen den Koalitionspartnern noch Diskussionsbedarf“.
FDP hält mehr Mieterschutz für „toxisch“
Dieser kleine Teilerfolg hält die SPD aber nicht davon ab, die Einigung zu feiern. „Nach langen und intensiven Verhandlungen“ mache die Ampel „den Weg frei für eines ihrer wichtigsten Mieterschutzvorhaben“, erklärten Dirk Wiese und Verena Hubertz, die Vizevorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. Sie forderten Buschmann aber auch auf, zeitnah „Entwürfe zur Umsetzung der weiteren im Koalitionsvertrag verabredeten Vorhaben“ vorzulegen.
Ähnlich sieht es Hanna Steinmüller von der Grünen-Fraktion. Sie sehe aber auch „die Kanzlerpartei in der Verantwortung“ dafür, dass alle Mieterschutz-Vereinbarungen umgesetzt werden. „Darauf werden wir im parlamentarischen Verfahren achten. Sonst wäre die Mietrechtsreform nur Stückwerk“, sagte sie der taz.
Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagte der taz, die Mietpreisbremse sei eingeführt worden, „um Ländern und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten Zeit zu geben, ausreichend Wohnraum zu schaffen“. Bund, Länder und Kommunen müssten deshalb „ihre Anstrengungen erhöhen, damit der dringend benötigte Wohnraum entsteht“. Weitere Verschärfungen im Mietrecht seien seiner Ansicht nach „bei den aktuellen Rahmenbedingungen toxisch für dringend benötigte Investitionen in Wohnraum“.
Für die Linken-Gruppe ist die Einigung völlig unzureichend. Es sei eine „Bankrotterklärung“ gegenüber den Mieter*innen, sagte die Wohnungspolitikerin Caren Lay. Es gebe „keinerlei Verbesserung, sondern im besten Fall die Beibehaltung des Status quo“.
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