Miethilfen in der Corona-Krise: Kündigungsschutz wird ausgeweitet

Weil Gehälter und Honorare ausbleiben, können viele Menschen ihre Miete nicht mehr zahlen. Die Bundesregierung will am Montag dazu beraten.

Häuser und Fernsehtum von oben

Wer seine Miete nicht zahlen kann, muss den Rauswurf aus der Wohnung jetzt nicht fürchten Foto: dpa

Berlin/Brüssel/Stuttgart rtr/afp/dpa/taz | Die Zahlen der Corona-Infizierten in Deutschland steigt weiter an. Das Robert-Koch-Institut meldete am Samstagmorgen bundesweit 16.662 Fälle, das sind 2.705 mehr als am Vortag. 46 Menschen sind an dem Virus gestorben.

In China hingegen wurde den dritten Tag in Folge keine neue Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus innerhalb des Landes erfasst. Gleichzeitig seien jedoch 41 weitere Infektionsfälle verzeichnet worden, in denen sich die Betroffenen im Ausland angesteckt hätten, teilten die Behörden am Samstag mit. Demnach gab es sieben neue Todesfälle, alle in der Provinz Hubei.

Sonderwohngeld für Härtefälle

Die Bundesregierung prüft jetzt Möglichkeiten zum Schutz von Mietern, die wegen der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten. So soll Mietern nicht gekündigt werden dürfen. Das sieht eine Gesetzesvorlage der Bundesministerien für Justiz, Inneres und Wirtschaft vor, die der dpa vorliegt. Gelten soll dies für Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2020.

Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibe aber im Grundsatz bestehen. Auch weiteren Schuldnern, die wegen der Corona-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, sollen keine rechtliche Folgen drohen. Bei Darlehen soll es eine gesetzliche Stundungsregelung geben. Die Vorlage soll an diesem Montag im Bundeskabinett und am Mittwoch im Bundestag beschlossen werden.

Ein anderer Vorschlag kommt aus der FDP-Bundestagsfraktion. Diese dringe auf ein Sonderwohngeld, wie aus einem Antrag hervorgehe, der laut dpa den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vorliege. „Dieses Sonderwohngeld soll für Fälle gelten, die nachweislich massive Einnahmeeinbußen haben, bedürftig sind und bei denen ansonsten keine Transferleistungen greifen“, sagte Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Die Höhe des Sonderwohngeldes solle abhängig vom Einkommensausfall und der Miethöhe sein. „Niemand soll sich wegen Corona entscheiden müssen, ob er einkaufen geht oder die Miete pünktlich zahlt.“

Die Grünen-Fraktion fordert die Aussetzung von Zwangsräumungen. „Aufgrund der Corona-Krise darf niemand in Deutschland seine Wohnung verlieren“, sagte Chris Kühn, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen, den Funke-Zeitungen. Zwangsräumungen müssten gestoppt werden „in Zeiten von Quarantänen, Kita- und Schulschließungen und erst Recht mit Blick auf mögliche Ausgangssperren“, forderte der Grünen-Politiker.

EU will Budgetregeln aussetzen

Die Pandemie hat erhebliche wirtschaftliche Folgen. Daher will die Europäische Union ihre Budgetregeln aussetzen. Die EU-Kommission schlug am Freitagabend vor, die Ausnahmeklausel bei den Vorschriften zur Haushaltsführung zu aktivieren, damit den EU-Staaten genügend Mittel für die Eindämmung der Infektionen und zur Stützung der Wirtschaft zur Verfügung stehen. EU-Mitglieder sind unter normalen Bedingungen angehalten, die Neuverschuldung zu kürzen, bis ein ausgeglichener Haushalt („Schwarze Null“) erreicht wird. Zudem soll die Staatsverschuldung nicht größer als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sein.

Bei ihrem nächsten Treffen müssen die Finanzminister der EU-Staaten den Vorschlag der EU-Kommission billigen, um die Haushaltsregeln außer Kraft zu setzen. Dies gilt als Formsache, denn die Finanzminister haben bereits Anfang März festgestellt, dass ein Notfall vorliegt, der besondere Maßnahmen rechtfertigt. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Pandemie in diesem Jahr eine Rezession verursachen wird.

Baden-Württemberg bietet Frankreich Hilfe an

Unterdessen hat Baden-Württembergs Gesundheitsministerium die Kliniken im Land gebeten, schwerstkranke Corona-Patienten aus Frankreich aufzunehmen. „Die grenznahen französischen Krankenhäuser sind an der Grenze ihrer Behandlungskapazitäten für beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten angekommen“, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an die Geschäftsführer der baden-württembergischen Krankenhäuser.

Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe laut dem Schreiben „die Unterstützung Baden-Württembergs zugesagt“. „Wir bitten Sie deshalb, im Rahmen noch vorhandener freier Kapazitäten in Ihren Krankenhäusern beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten aus Frankreich aufzunehmen.“ Derzeit hat Baden-Württemberg nach Angaben des Ministeriums genug freie Beatmungsplätze, rund 2.300 gebe es im Land. Laut Krankenhausgesellschaft BWKG sind aktuell rund 80 Prozent belegt, allerdings derzeit nur mit weniger als 20 Corona-Patient*innen.

In Paris wurden die Maßnahmen der Ausgangssperre vor dem Wochenende verschärft, die südfranzösische Stadt Nizza will ab Samstag von 23 Uhr bis in die frühen Morgenstunden hinein ein totales Ausgangsverbot verhängen. Die Touristenorte Vallauris und Menton, die ebenfalls an der Côte d'Azur liegen, hatten bereits am Freitagabend erstmals zu dieser Maßnahme gegriffen. Seit dem Covid-19-Ausbruch wurden in Frankreich bis zum Samstag 12.612 Menschen infiziert, 450 sind an der neuartigen Lungenkrankheit gestorben.

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