Mietenwahnsinn geht weiter: Ein Hai frisst den anderen

Akelius verkauft alle Wohnungen an den schwedischen Immobilienkonzern Heimstaden. Mie­te­r:in­nen fordern die Vergesellschaftung beider Konzerne.

Ein Hund mit einem umgehängten Zettel mit der Aufschrift Go Away Heimstaden bei einer Protestkundgebung gegen den Verkauf von Haeusern und Wohnungen in Berlin Neukoelln.

Fressen Haie auch Hunde? Foto: Imago

BERLIN taz | Berlins Wohnungsmarkt wurde in der Wahlnacht nicht nur vom Enteignungs-Volksentscheid erschüttert. Noch während die Stimmen ausgezählt wurden, verkündigte der schwedische Immobilienkonzern Heimstaden, sämtliche Berliner Bestände des unter Mie­te­r:in­nen besonders berüchtigten Immobilienkonzerns Akelius gekauft zu haben. Offenbar sind die Kaufverträge bereits unterzeichnet. Akelius würde damit in Berlin keine einzige Wohnung mehr besitzen.

Für 9,1 Milliarden Euro will Heimstaden insgesamt 28.776 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Dänemark kaufen. Etwa 17.600 davon befinden sich in Deutschland, 14.050 sind Berliner Wohnungen. Damit wächst das Unternehmen im Besitz des norwegischen Milliardärs Ivar Tollefsen in Deutschland mal eben um mehr als das Dreifache – von 7.300 auf 24.900 Wohnungen. Insgesamt soll Tollefsen mehr als 100.000 Wohnungen besitzen.

Auch für Akelius ist das Geschäft ein großer Schritt: Der Konzern des mutmaßlichen Milliardärs Roger Akelius besitzt nach eigenen Angaben weltweit 45.000 Wohnungen; nach dem Verkauf dürften es „nur“ noch etwa 16.000 sein. Offenbar sollen die Bestände liquidiert werden, um wieder ordentlich shoppen gehen zu können. Das Unternehmen teilt mit, es wolle nun wieder auf 50.000 Wohnungen anwachsen.

Auch Aktivisten fusionieren

Durch den Megadeal fusionieren allerdings nicht nur Immobilienbestände, sondern auch die aktivistischen Initiativen von Akelius- und Heimstaden-Mieter:innen. „Im gemeinsamen Widerstand bilden auch wir Synergien“, teilten sie am Dienstag kämpferisch mit.

Akelius und Heimstaden seien „international agierende Konzerne des Finanzkapitals“, denen es „nur um Profit“ ginge. Man sei sich dessen bewusst, dass auch Heimstaden kein guter Vermieter sei. Gemeinsam fordern die Initiativen die „(Re)Kommunalisierung aller Häuser weit unterhalb des spekulativen Marktwertes“. Rouzbeh Taheri, Sprecher von Deutsche Wohnen & Co enteignen, sagte am Montag, Akelius sei der Berliner Markt „zu heiß geworden“. Die Renditen, die sich der Konzern vorstelle, könnten wegen des Volksentscheids nicht mehr erzielt werden.

Derweil bemüht sich Heimstaden offenbar um eine möglichst mie­te­r:in­nen­freund­li­che Kommunikation: Man sei sich seiner „gesellschaftlichen Verantwortung“ bewusst und stehe für ein „kooperatives Verhältnis“ zwischen Mie­te­r:in­nen und Vermietern. Dann heißt es spendabel, der Konzern plane sogar, die volle Grunderwerbsteuer zu zahlen.

Dass offenbar kein sogenannter Share-Deal angestrebt wird, durch welchen diese Steuer umgangen werden kann, hat Konsequenzen: Die Bezirke haben nun das Recht, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Theoretisch könnte Berlin Heimstaden alle jene Wohnungen, die in Milieuschutzgebieten liegen, wegschnappen. Verhindern könnte das Unternehmen dies durch Abwendungsvereinbarungen, die die Verpflichtung zu einer sozialen Vermietungspraxis beinhalten.

Die Möglichkeit würde bereits geprüft, hieß es am Dienstag von Florian Schmidt, dem grünen Baustadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg. „Ich gehe davon aus, dass wir das Vorkaufsrecht ausüben werden“, sagte er.

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