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Mietenschutzschirm der GrünenEnteignen heißt nicht verhandeln

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Die Grünen wollen den Druck des Enteignungs-Volksentscheides für ein anderes Ziel nutzen. Damit missbrauchen sie das demokratische Instrument.

Eine Enteignungsbluse? Eher nicht Foto: dpa

N achdem sie lange in Deckung waren mit ihrer Haltung zum Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, haben sich die Grünen nun endlich nach vorne gewagt. Spitzenkandidatin Bettina Jarasch will ihr Kreuzchen für die Vergesellschaftung der privaten Wohnungskonzerne setzen, hat sie gesagt, aber vergesellschaften möchte sie eigentlich nicht, dies sei lediglich die „Ultima Ratio“. Wer auf eine eindeutige Ansage zur Enteignung gespannt war, muss also feststellen: Das Rumgeeiere geht weiter.

Gesagt haben die Grünen stattdessen, was sie lieber wollen als Vergesellschaftung: einen „Mietenschutzschirm“ genannten Pakt mit der Wohnungswirtschaft. Diese soll sich etwa dazu verpflichten, die Mieten für fünf Jahre nicht zu erhöhen, auf Umwandlungen in Eigentum zu verzichten und Neuvermietung sozial auszurichten. Das Ziel ist, mindestens 50 Prozent der Mie­te­r*in­nen Berlins dadurch zu schützen. Sicher, darüber kann man reden.

Der Volksentscheid aber dient in dieser politischen Zielstellung lediglich dazu, den Druck auf die Unternehmen zu erhöhen, den Weg auch mitzugehen. Und Druckmittel wird es sicher brauchen, um profit­orientierte Aktiengesellschaften zum Verzicht zu bewegen. Wer aber einen Volksentscheid, der zwar kein Gesetz zum Gegenstand hat, jedoch ein sehr konkretes Ziel benennt, dazu nutzen will, politisch etwas ganz anderes durchzusetzen, missbraucht dieses demokratische Instrument.

Wenn der Volksentscheid am Ende erfolgreich ist, werden mindestens doppelt so viele Wäh­le­r*in­nen ihre Stimme für die Enteignung abgegeben haben, als sich die Grünen an Stimmen ausrechnen. Deren Willen einfach umzudeuten, und wie Jarasch als allgemeinen Auftrag zu verstehen, „geeignete Maßnahmen“ gegen die Mietenproblematik zu ergreifen, ist eine Anmaßung und erschüttert das Vertrauen in demokratische Mitbestimmungsprozesse. Wer Enteignung sagt, sagt eben nicht Verhandlung.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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6 Kommentare

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  • Also. Hm.

    So ist Politik eben. Obwohl meine Position deutlich radikaler als die von Frau Jarasch ist [1], ist sie mir trotzdem weitaus sympathischer als die der SPD, zum Beispiel. Und ich bin heilfroh, dass sie sich damit bei den Grünen nach vorne wagt.

    Mein Vertrauen jedenfalls ist nicht erschüttert.

    [1] Ich glaube einfach nicht, dass die Wohnungswirtschaft noch verhandlungsbereit ist. Die ist hier, um einen Reibach zu machen, und es wird noch viel mehr Druck brauchen, dass sie sich ihre Renditen wo anders suchen, bei Tesla oder Bitcoin oder NFTs von mir aus.

    Wir werden noch harte Bandagen brauchen.

  • Das Ergebnis des Volksentscheides ist vollkommen unverbindlich. Daher bleibt es den Politikern überlassen, sich daran zu halten oder halt nicht.

    Insoweit liegt halt auch kein "Missbrauch eines demokratischen Instrumentes" vor.

  • Der Volksentscheid bleibt doch völlig unberührt. Sein Ergebnis ist verbindlich. Dass die Politik allerdings zuvor auf der Basis eines möglicherweise erfolgreichen Entscheids ihrerseits versucht ein entsprechendes Ergebnis zu erzielen ist auch legitim und keinesfalls undemokratisch. Der Volksentscheid findet auf jeden Fall statt, das Abgeordnetenhaus kann allerdings eine Alternative zur Abstimmung stellen. Wir haben nun mal eine parlamentarische Demokratie, Volksbegehren und Volksentscheide sind eine ganz wichtige Ergänzung, sie sind aber auch vor allem gedacht als Mittel die Politik zu treiben. Und da sind wir dann doch eben wieder in der Welt der Verhandlungen. Man kann sich natürlich wünschen, dass der jetzige Entscheid erfolgreich sein wird und dass seine Ziele nicht verwässert werden, aber es geht hier eben um die Ziele. Das Instrument des Volksentscheids existiert ohnehin. Wer aus der aktuellen Abstimmung eine Party der direkten Demokratie machen will, auf Urheberrechte pocht und sich in Selbstermächtigungsgefühlen baden möchte, der hat seinerseits Fremd- und Nebenziele und das tut der eigentlichen Sache nicht unbedingt gut.

  • In Interviews können viele Politiker*innen gut eine Frage beantworten, die gar nicht gestellt wurde. Warum dann auch nicht mit einem Volksentscheid ähnlich verfahren ... ;-/

  • Auch wenn der Volksentscheid erfolgreich ist muß ihn der Senat nicht umsetzen. Der Volksentscheid entkält keinen Vorschlag für eine Gesetzes änderung, und hat damit keine bindende Wirkung. Das wissen die Initiatoren auch, die haben ja nicht vergessen eine Gesetzesänderung in den Volksentscheid hinein zu schreiben. Aso ist dieses Volksbegehren auch halbherzig.

    • @Dortmunder:

      Ja, das ist der zentrale Punkt. Es ist kein bindender Entscheid.

      Typisch taz, dass an den Grünen herumgemäkelt wird, statt die grundsätzliche Verwässerung der Institution "Volksentscheid" durch die CDU-geführte Bundesregierung zu kritisieren. Namentlich die Blockadehaltung einer gewissen Dr. Angela Merkel wäre hier zu nennen: de.wikipedia.org/w...te_Volksentscheide