Mietenkrise und Verdrängung: Liberale Blockade
Bauministerin Klara Geywitz will das Vorkaufsrecht der Kommunen neu regeln, um den Mieterschutz zu stärken. Doch die FDP will lieber weiter prüfen.
„Wesentliche Fragen sind für uns Freie Demokraten in diesem Entwurf noch nicht beantwortet“ sagte Daniel Föst, der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, der taz. Es müsse geprüft werden, „ob ein solches Instrument Sinn macht und auch wirklich hilft, den Wohnungsmarkt zu entspannen.“ Er sei da weiterhin sehr skeptisch und setze lieber auf schnelles und kostengünstiges Bauen. Aus dem Justizministerium heißt es auf Nachfrage lediglich, dass „noch Beratungsbedarf“ bestehe. Das Bauministerium wollte sich im laufenden Abstimmungsverfahren nicht weiter äußern.
Der Gesetzentwurf aus dem Bauministerium ist eine Reaktion auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom November 2021, das das Vorkaufsrecht in weiten Teilen gekippt hat. Es kann seither in sogenannten Milieuschutzgebieten, also Wohnvierteln, die besonders von Verdrängungsprozessen betroffen sind, nur noch angewandt werden, wenn ein Wohngebäude etwa leer steht oder droht zu verfallen. Der Bundesrat sowie Mieterinitiativen drängen seither auf eine Reform des Vorkaufrechts.
Bis zu diesem Urteil war das Vorkaufsrecht in Städten wie München, Leipzig, Hamburg oder Berlin ein erprobtes Mittel, um gegen Spekulation mit Wohnraum vorzugehen. Wenn private Investoren Mietshäuser kaufen wollten, hatten Kommunen durch das Vorkaufsrecht die Möglichkeit, die Häuser selbst zu kaufen oder Bedingungen für den Kauf zu vereinbaren.
Grüne sind sauer auf FDP
Denn erfahrungsgemäß gehen mit dem Aufkauf eines Hauses oft Verdrängungsprozesse einher: Wenn etwa durch Luxussanierungen die Mieten steigen oder die Wohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. FDP und Union stehen dem Vorkaufsrecht aber eher skeptisch gegenüber, weil sie das Instrument als zu teuer und als Eingriff in Eigentümerrechte werten.
Das Bauministerium verfolgt mit dem Entwurf, der der taz vorliegt, nun aber das Ziel, „die bisherige Verwaltungspraxis der Gemeinden“ in Milieuschutzgebieten wieder zu ermöglichen und „auf eine sichere Rechtsgrundlage“ zu stellen. Laut Entwurf können Investoren ein Wohnhaus dann nur noch kaufen, wenn sie sich in einer Abwendungsvereinbarung ausdrücklich verpflichten, die Ziele des Milieuschutzes einzuhalten.
So kann dann etwa festgelegt werden, dass keine Umwandlung in Eigentumswohnungen oder keine Luxussanierungen vorgenommen werden – für notwendige Sanierungen soll das nicht gelten. Die Geltungsdauer einer solchen Vereinbarung soll auf maximal 20 Jahre begrenzt werden.
Dass sich die FDP nun bei der Gesetzesnovelle quer stellt, ist für die wohnungspolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Christina-Johanne Schröder, nicht nachvollziehbar. In einer gemeinsamen Koalition zu sein, bedeute auch, „Gesetze mitzutragen, die nicht auf der eigenen Agenda ganz oben stehen“, sagte sie der taz. „Der Bundesrat, die Kommunalen Spitzenverbände und Bürgerinitiativen fordern, die Rechtssicherheit beim Vorkaufsrecht wiederherzustellen“ betonte sie. Es gehe darum, „abzuwenden, dass Menschen ihr Lebensumfeld verlassen, Kinder die Schule wechseln müssen und die soziale Mischung einer Stadtstruktur nachhaltig in Gefahr gerät.“ Das mächtigste Instrument für die Kommunen sei aber „nicht das Vorkaufsrecht selbst, sondern der Abwendungsvertrag mit den Investor*innen.“
Die Linke hat eigene Pläne
Formal haben sich SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag nur darauf geeinigt, zu „prüfen“, ob sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht „gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt.“ Bernhard Daldrup, wohnungspolitischer Sprecher der SPD, erklärte gegenüber der taz aber, dass sich die drei Parteien in den Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt hätten, „den Status quo ante wiederherzustellen.“ Dass nur „geprüft“ werden solle, stehe dort nur, „weil die Urteilsbegründung des Gerichts zu dem Zeitpunkt noch nicht vorlag“, sagte Daldrup. Er erwarte von allen Beteiligten, sich an die Vereinbarungen zu halten.
Auch in der Opposition ist der Entwurf zum Vorkaufsrecht umstritten – allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Der wohnungspolitische Sprecher der Union, Jan-Marco Luczak, bezeichnete das Vorkaufsrecht gegenüber der taz als „ein symbolhaft überhöhtes Instrument, das in seiner Wirkung völlig überschätzt“ werde. Anstatt so viel Geld für den Kauf von Häusern auszugeben, könnte man „mehr soziale Belegungsrechte kaufen, Mietzuschüsse zahlen oder – was langfristig einzig und allein gegen Wohnungsknappheit hilft – neue Wohnungen bauen“, argumentierte er.
Luczak sei nun gespannt, „ob die FDP bei ihrer Ablehnung bleibt und gegen das ineffiziente, kostspielige und wenig wirksame Mittel Vorkaufsrecht die gleiche Durchsetzungskraft entfaltet wie bei den Corona-Maßnahmen.“
Für die Linkspartei ist der Gesetzentwurf aus dem Bauministerium hingegen nicht ausreichend, obwohl auch sie die schnelle Wiederherstellung des Vorkaufsrecht befürwortet. Die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Caren Lay, bemängelte gegenüber der taz, dass sich Mieter:innen nach dem Entwurf des Bauministeriums, nicht mehr „gegen die energetische Sanierung in Milieuschutzgebieten“ wehren können. Dabei sei die „Modernisierungsumlage Verdrängungsmotor Nummer 1 in vielen Städten“.
Die Linkspartei hatte bereits Mitte Februar einen eigenen Gesetzentwurf zum Thema eingebracht. „Wir werden die Aufhebung des Fraktionszwangs vorschlagen, damit er auch ohne die Blockade der FDP eine Mehrheit finden kann“ kündigte Caren Lay an. Am kommenden Montag soll es im Bundestag eine öffentliche Anhörung zum Entwurf der Linken geben.
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