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Messerattacke in MulhouseSchock nach Angriff im Elsass

Eine tödliche Messerattacke führt zu Spannungen zwischen Frankreich und Algerien. Die Staatsanwaltschaft geht von einem terroristischen Motiv aus.

Nach einem Angriff im elsässischen Mulhouse hat die französische Anti-Terror-Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen Foto: Sebastien Bozon/afp/dpa

Paris taz | Bei einem als terroristisch eingestuften Messerattentat wurde am Samstagnachmittag in Mulhouse eine Person getötet. Zudem wurden fünf Angehörige der kommunalen Polizei verletzt, als sie den Tatverdächtigen überwältigten. Vor seiner Festnahme hatte der 37-jährige Algerier in der Nähe eines Marktes mehrere Personen offenbar wahllos mit einem Messer und einem Schraubenzieher ­angegriffen. Ob ein Zusammenhang mit einer zu diesem Zeitpunkt neben dem Markt laufenden Solidaritätskundgebung besteht, ist nicht bekannt.

Ein 69-jähriger aus Portugal stammender Mann erlag den Verletzungen, die ihm der Angreifer zugefügt hatte. Laut Augenzeugen soll er versucht haben, sich ­dazwischenzustellen. Die Angehörigen der kommunalen Polizei hatten bei ihrer Intervention wenige Minuten später angesichts der Menschenmenge darauf verzichtet, Schusswaffen einzusetzen. Ein Polizist wurde am Hals sehr schwer verletzt.

Bei seiner Attacke soll der mutmaßliche Täter „Allahu akbar“ gerufen haben. Zudem ist er in der FSRT registriert, einer in Frankreich geführten Kartei für radikalisierte Personen, die wegen ihrer Sympathien für den islamistischen Terrorismus eine Gefahr darstellen könnten. Die Staatsanwaltschaft geht deshalb von einem terroristischen Mord und Mordversuch aus und hat die Ermittlungen der Antiterrorbrigade in Paris übergeben. Dafür spricht auch, dass der Mann nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober wegen Terrorismusverherrlichung zu sechs Monaten Haft verurteilt worden war.

Innenminister teilt gegen Algerien aus

Im Anschluss daran landete der 2014 illegal Eingereiste in Abschiebehaft – die algerischen Behörden weigerten sich jedoch mehrfach, ihn aufzunehmen. Er wurde in der Folge bis auf Weiteres unter Hausarrest gestellt und musste sich täglich auf einer Polizeiwache melden.

Der französische Innenminister Bruno Retailleau, der noch am Samstag nach Mulhouse gereist war, macht Algerien wegen der verweigerten Rücknahme nun mitverantwortlich für den tragischen Vorfall. Von den Maghrebstaaten fordert ­Retailleau, der sich auch für eine drastische Verschärfung der Migrationsgesetze einsetzt, ein stärkeres Entgegenkommen bei geplanten Abschiebungen. Ansonsten müsste das Verfahren in solchen Fällen grundlegend geändert werden. Außerdem schlägt er unter Verweis auf den vorliegenden Fall vor, „sehr gefährliche Individuen“ auch präventiv in Sicherheitsverwahrung zu nehmen.

Das sei „ein schlechter Lösungs­vorschlag für ein echtes Problem“, kritisierte die EU-Abgeordnete ­Manon Aubry von der Linkspartei La France ­insoumise. Retailleau prangere in ungerechter Weise pauschal Algerien und die Algerier in Frankreich an und verschärfe so bloß die existierenden Spannungen.

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