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Merkels Neujahrsansprache„Schicksalsfrage Klimawandel“

Angela Merkel plädiert in ihrer Neujahrsansprache für eine offene Gesellschaft. Es ist ein bisschen Demut, mehr aber noch Kampfgeist, den sie betont.

„Für Offenheit, Toleranz und Respekt einsetzen.“ Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache Foto: ap

BERLIN taz | Es ist der Astronaut Alexander Gerst, gerade erst von der internationalen Raumstation ISS zurückgekehrt, den Angela Merkel in ihrer traditionellen Neujahrsansprache herausstellt. Auf Naturgewalten wie Hurrikans habe Gerst vom All aus geblickt. Auf vom heißen Sommer verdörrte Landschaften. Aber auch auf „überwältigende Schönheit“. Dies, so die Kanzlei, sei geradezu Sinnbild für die Herausforderungen dieser Zeit.

Und dabei nennt Merkel in ihrer Neujahrsansprache nun als erste – für sie etwas überraschend – „die Schicksalsfrage des Klimawandels“. Erst dann folgt die Steuerung der Migration und der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. All diese Fragen könne man am besten lösen, „wenn wir die Interessen anderer mitbedenken“. Die Neujahrsansprache wird am Montagabend auf ARD und ZDF ausgestrahlt. Das Redemanuskript lag der taz vorab vor.

Es ist ein bisschen Demut, mehr aber noch Kampfgeist, den Angela Merkel dort am Ende des Jahres betont. Es sei ein „überaus schwieriges politisches Jahr“ gewesen, gesteht die Kanzlerin. Das Jamaika-Aus in den Koalitionsverhandlungen, die mühsame GroKo-Bildung, der wiederholte Streit in der Koalition: „Ich weiß, viele von Ihnen haben sehr mit der Bundesregierung gehadert.“

Und dennoch ist die Kanzlerin mit sich zufrieden. Habe sie alles für den inneren Frieden und Zusammenhalt in diesem Land getan, fragt Merkel. Und antwortet selbst: „Das habe ich getan.“ Mehr noch habe sie, nach 13 Jahren Amtszeit, mit der Übergabe des CDU-Parteivorsitzes an Annegret Kramp-Karrenbauer und der Ankündigung, nach dieser Legislaturperiode abzutreten, „einen Neubeginn eingeleitet“.

„Für Überzeugungen kämpfen“

Für jetzt und später aber gelte: „Die Herausforderungen unserer Zeit werden wir nur meistern, wenn wir zusammenhalten und mit anderen über Grenzen hinweg zusammenarbeiten.“ Dieser Grundsatz aber werde längst nicht mehr von allen geteilt, die internationale Zusammenarbeit gerate unter Druck. „In einer solchen Situation müssen wir für unsere Überzeugungen wieder stärker einstehen, argumentieren, kämpfen“, so Merkel.

Und: „Wir müssen im eigenen Interesse mehr Verantwortung übernehmen.“ Merkel benennt hier die Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat, die Deutschland ab Januar für zwei Jahre einnimmt, auch die Steigerung des Verteidigungshaushalts und der Entwicklungshilfe. Auch die Europäische Union müsse „robuster und entscheidungsfähiger“ werden. Das Bündnis müsse ein Projekt von „Frieden, Wohlstand und Sicherheit“ bleiben.

Auch hierzulande werde immer häufiger, so Merkel, inzwischen um fundamentale Werte gerungen: um „Offenheit, Toleranz und Respekt“. „Für sie müssen wir uns gemeinsam einsetzen – auch wenn es unbequem und anstrengend ist.“

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17 Kommentare

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  • Gute Luft ? Ok, einverstanden. Ich finde es allerdings momentan wichtiger, Wohnungen zu bauen.

  • Interessant ist es ja auch, was mal wieder nicht angesprochen wird. Von der sozialen Lage und Ungerechtigkeit in der BRD, in Europa, in der ganzen Welt ist mal wieder keine Rede.



    Hat sie dazu überhaupt mal was gesagt? Das Thema geht und ging ihr immer am Arsch vorbei, weil sie nie die BRD kannte, die vor der Wiedervereinigung noch ein intaktes Sozialsystem und -leben hatte.

    Arbeitslose, Rentner, die im Müll wühlen müssen, verarmte Alleinerziehende mit Kindern. Alles faule Säcke für sie. Die schaffen einfach nicht genug Kohle herbei, genau wie die Griechen und die Menschen im Trikont. Und deshalb werden wir in Zukunft weiter Kranken- und Altenpfleger mies bezahlen und dafür menschenkillende Rüstung bauen.

    • @Age Krüger:

      Frau Merkel ist Internationalistin wie Frau Kipping. Da interessiert die soziale Frage nur im internationalen Maßstab. Und so gesehen geht es uns wiederum gut. Und weil es uns aus Merkels Sicht gut geht, können wir uns den wichtigen Dingen zuwenden. Rüsten, rüsten, rüsten. Das finden die Grünen toll. Und die SPD. Natürlich auch die AfD. Merkel schafft hier eine "Koalition der Willigen". Wer hätte das gedacht?

      Ich hätte mir gewünscht, dass sich Frau Merkel ausdrücklich bei den beiden deutschsprachigen Erstklässlern unserer Grundschule bedankt hätte, die es schaffen müssen, fünfundzwanzig ihrer MitschülerInnen zu integrieren, die kein deutsch sprechen.



      Und fürs neue Jahr wünsche ich mir, dass die Eltern aus den hippen Vierteln, wo das Verhältnis von deutschsprachigen zu nicht deutschsprachigen SchülerInnen genau umgekehrt ist, nicht so abfällig über diejenigen reden, die in diesem Land wirklich für Integration zuständig sind und denen es doch so gut geht.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Ein Befund ohne Fehl und Tadel.

      Gleichwohl reichen Frau Merkel und die CDU/CSU in konzertierter Aktion mit SPD und Gewerkschaften alleine nicht aus, um ein einst blühendes Land herunterzuwirtschaften. Es bedarf genügend Stimmen von Wählern, die ihr Herz und Hirn an der Garderobe abgeben. Mer könne ja eh nix mache.

      Was das angeht, mache ich mir um D keine Sorgen. Ein Volk, das viel erlebt hat - und nichts begriffen. Sich selbst immer treu bleibend.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."„Die Herausforderungen unserer Zeit werden wir nur meistern, wenn wir zusammenhalten und mit anderen über Grenzen hinweg zusammenarbeiten.“"?



    Jaja, 'unsere' Bundeskanzlerin. Für sie, bzw. 'unsere' Bundesregierung, bedeutet "...mit anderen über Grenzen hinweg zusammenarbeiten" doch nur das: "In Algerien werden seit diesem Jahr deutsche Panzer produziert. Ein lukrativer Deal für Rüstungsfirmen." - zeit.de 31.12.2018

  • Schade. Beinahe hätte man die Neujahrsansprache auch aus der Konserve nehmen können. Gute Vorsätze. Blabla. Aber in diesem Jahr werden zwei Dinge angesprochen, die Frau Merkel zum Jahreswechsel so noch nicht auf dem Zettel hatte. Klimawandel und Militarisierung der EU. Seltsamerweise hat die Militarisierung der EU größere Chancen als die Einhaltung der Klimaziele innerhalb der EU.



    Die EU, ein Haufen egoistischer Nationen, zerstritten und in wesentlichen Punkten uneinig, undemokratisch strukturiert, am Rande des Zerfalls, soll nun eine Rüstungs- und Kriegsgemeinschaft werden. Natürlich unter deutschem Oberkommando. Quasi eine EU-Wehrmacht. Und die soll dann für Frieden sorgen. Mit Panzern, Jagdbombern und Raketen und einem Söldnerheer, wo jeder Normaldenkende Angst hat bei den Meldungen über rechtsradikale Umtriebe in den "Sicherheitsorganen".

    Wenn das keine guten Aussichten sind. Prost Neujahr.

  • Schlecht, schlecht, schlecht. Das übliche Geblubber. Zeitverschwendung.

  • Ach ne, jetzt plötzlich. Der Klimawandel. Noch schlimmer als der Terror. Nach 13 Regierungsjahren bekommt der werte Wähler mal zum neuen Jahr die Wahrheit gesagt. Muss ich mich jetzt freuen oder darf ich mich weiter ärgern?

  • Was soll die Veröffentlichung hier, bevor die Rede gehalten wurde? Haben wir schon Sommerloch?

  • Und weil ihr das so wichtig ist wird sie gleich nach der nächsten Wahl persönlich gegen die Kohle- und die Autoindustrie vorgehen.... Von innen. Als Lobbyistin.

  • "Die Schicksalfrage des Klimawandels"



    Was ist das denn für eine Null-Aussage?



    Was fragt sich denn der Klimawandel so Schicksalhaftes?

    Der Klimawandel ist eine Schicksalsfrage der Menschheit und sie wird klar und eindeutig beantwortet: Interessiert uns nicht, solange damit keine Renditen gemacht werden können! Aber wenn, dann retten wir das Klima mit neuen Technologien und neuen Industrien, die wir zusätzlich und parallel zu den alten erfinden und aufbauen!

    Hunderte Milliarden Euro für eine "elektrische Zukunft", die global lediglich 2 Millionen Tonnen CO2 einsparen wird; laut Internationaler Energieagentur. (WorldEnergieOutloook WEO 2018)

    Mehr biodynamisch angebaute Rüstungsgüter, garantiert klimaneutral gewachsen, um die Feinde abzuwehren oder zu verjagen, die uns ihre Rohstoffe nicht weiterhin billig liefern wollen. Peak oil in 2025? Wie ebenfalls im WEO 2018 zu lesen ist?

    Mehr Beton und Stahl für Grenzbefestigungen und Mauern, um unsere Insel der glückseligen SUV Fahrer, Daddelfanatiker, braune Fahnen Anbeter und Geldvermögensbesitzer von 6,01 Billionen Euro (anlagefähiges Vermögen) allein in Deutschland zu schützen und zu verteidigen?

    Na klar! Was sonst! Unsere Schicksalsfragen lautet Wirtschaftswachstum und zentral: Welche neuen Adjektive brauchen wir in den nächsten Jahren für unsere Predigten, um die dummen Eingeboren weiter an unserer Glaubensgemeinschaft der "Ökonomie und Ökologie Versöhnungskirche" zu binden?

    Sollen sich doch unsere Kinder und Enkel in der Schule die schönen Bilder von unserer Heimat auf den Laptops und Tablets anschauen, mit Photoshop bearbeiten, mit likes versehen und teilen, die seit den 1960er Jahren bekannt sind!

  • „Schicksalsfrage Klimawandel“

    Wie ist denn die persönliche CO2-Bilanz der Kanzlerin?

    • @agerwiese:

      Sie ist immerhin das eine Mal Lufthansa geflogen statt Luftwaffe, dieses Jahr...

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Jahreswechsel. Kaffeesatz, Kristallkugeln und andere Requisiten für den glasklaren Blick in die Zukunft haben jetzt Hochkonjunktur.

    Da darf natürlich die ewige Kanzlerin - und ihr willfähriger Hofstaat - nicht fehlen.

    Wem - wie Frau Merkel - nach 13 jähriger Regierungszeit der Satz einfällt: "Wir müssen jetzt Verantwortung übernehmen." der sagt ungewollt alles über sein Versagen während dieser so genannten Äera. Scheitern an der Grenze zur Perfektion.

    Wer noch nicht restlos sediert ist, dem sei in der Mediathek von 3SAT der Jahresrückblick des Mainfranken Urban Priol empfohlen.

    Alternativ auch unter: www.youtube.com/watch?v=082q9xokZDk

    - zur Rückgratstärkung ...

    Leute wie Dieter Hildebrandt und Georg Schramm fehlen schmerzhaft an allen Ecken und Enden.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Kleine Hilfestellung zur Suche nach "Tilt":



      www.3sat.de/mediat...ode=play&obj=78025

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Drabiniok Dieter:

        Vergelt's Gott. Und dann noch in Langfassung. Die erste, die ich vor wenigen Tagen (nicht bei 3sat) sah, hatte nur etwa eine Stunde.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Wie ich gerade sehe, führt mein Link in die gleiche Richtung wie die Regierungspolitik unter Frau Merkel: ins Nichts. Nicht verfügbar.

      Der geneigte, digital kompetentere Forist als ich wird - auch hier - seinen Weg finden. Glückauf!