Menschenrechte: Kritik an Beschlüssen des UN-Rats
Die Mitglieder des Menschenrechtsrats haben sich bei ihrer Sitzung in Genf auf einen Kompromissvorschlag geeinigt. Situation in Kuba und Weissrussland wird nicht gesondert überprüft
Genf taz Die in der Nacht zum Dienstag erzielte Einigung des UNO-Menschenrechtsrates in Genf auf seine künftigen Arbeitsregeln ist bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf deutliche Kritik gestossen. Der unter den 47 Ratsmitgliedern nach monatelangen Verhandlungen erzielte Kompromiss sei "ein hoher Preis für eine vage Perspektive" erklärte das "Forum Menschenrechte", in dem über 40 deutsche NGOs zusammengeschlossen sind. Eine "recht einseitig auf den Schutz des Staates abgestimmte Struktur" werde "die zukünftige Arbeit des Rates bestimmen," kritisierte Forum-Vertreter Theodor Rathgeber, der die Genfer Verhandlungen beobachtet hatte.
Eine Minute vor Mitternacht am Montag und damit unmittelbar vor Ablauf der im Juni 2006 gesetzten Einigungsfrist verkündete der mexikanische Ratspräsident Luis Alfonos de Alba die Zustimmung aller 47 Ratmitglieder zu seinem am Sonntag vorgelegten Kompromisspapier. Zuvor hatte China die Forderung fallengelassen, dass der Rat länderkritische Resolutionen oder Sonderverfahren zur Überprüfung der Menschenrechtslage in einem bestimmten Land künftig nur noch mit der Zwei-Drittelmehrheit von 32 seiner 47 Mitglieder beschliesen kann. In der Anfang 2005 aufgelöstem Menschenrechtskommission, dem Vorläufer des Rates, hatte hierfür eine absolute Mehrheit gereicht. Peking verzichtete ebenfalls auf die Forderung, das entsprechende länderspezifische Anträge nur mit Untersützung von mindestens einem Drittel der Ratsmitglieder (16 Staaten) eingebracht werden können. Das hätte zum Beispiel bedeutet, dass die acht EU-Staaten im Rat künftig alleine oder selbst gemeinsam mit den anderen beiden Mitgliedern der "westlichen Staatengruppe" (derzeit Kanada und die Schweiz) keinen länderspezifischen Antrag im Rat hätten einbringen können.
Vereinbart wurde schliesslich die Formulierung, dass entsprechende Anträge eine "möglichst breite Unterstützung von möglichst 15 Mitgliedern" haben sollen - eine interpretationsfähige Formel, die in der künftigen Praxis zu weiteren Auseinandersetzungen führen dürfte. Um die Zustimmung Chinas und anderer Staaten zu seiner Kompromissvorlage zu erreichen, hatte Ratspräsident de Alba Kuba und Weissrussland von der Liste derjenigen Länder gestrichen, deren Menschenrechtssituation der Überprüfung durch Sonderverfahren der ehemaligen Kommission unterlagen. Dies sei "ein herber Rückschlag insbesondere für die Menschenrechtsverteidiger in den beiden Ländern", kritisierte Forum-Sprecher Rathgeber.
Als restriktiv und unzureichend bewertete Rathgeber zudem die vom Rat vereinbarten Details sowohl für die Sonderverfahren wie für die regelmässige Überprüfung der Menschenrechtssituation in allen 192 UNO-Staaten ( "Universal Periodic Review"), die die Generalversammlung in New York im Herbst 2005 im Grundsatz beschlossen hatte. Hinzu kommt, dass der Rat mit seinen derzeit äusserst beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen mindestens zehn Jahre benötigt, um alle 192 UNO-Staaten einmal zu überprüfen.
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