Menschenrechte in der Türkei: Geständnis per Schlagstock
In der Türkei wird in Gefängnissen und Polizeistationen gefoltert, besagt ein Bericht des Europarates. Ankara weist die Vorwürfe zurück.
Laut CDT seien die Misshandlungen nicht mehr so schwer wie 2017, dem Jahr des Ausnahmezustandes, dennoch habe die Anzahl der Beschwerden aber nicht abgenommen. In den meisten Fällen sei es um Schläge gegangen, um ein Geständnis zu erzwingen oder Untersuchungshäftlinge in Polizeihaft zu bestrafen und zu demütigen.
Die Türkei akzeptiert als Mitglied des Europarates unabhängige Inspektionen ihrer Gefängnisse und Polizeistationen. Meistens werden die Berichte nicht veröffentlicht, sondern nur den Mitgliedstaaten zugänglich gemacht.
Die türkische Regierung hat den Bericht zurückgewiesen. Es gäbe keine systematischen Misshandlungen von Untersuchungshäftlingen oder Häftlingen. Geständnisse würden in der Türkei nicht mit Gewalt erzwungen.
Von ganz oben
Die Mitglieder des CPT fordern von der türkischen Regierung, sie solle gegenüber Polizisten und Justizvollzugsbeamten klar machen, dass es Null-Toleranz bei Folter und Misshandlungen gegen Gefangene gäbe. „Das muss von ganz oben kommen“, sagte einer der Experten.
Menschenrechtsorganisationen in der Türkei beklagen seit Längerem, dass die AKP-Regierung ihren Antifolterkurs der früheren Jahre aufgegeben habe und die Verhältnisse in den Gefängnissen sich massiv verschlechtert hätten. Das gilt vor allem seit dem Putschversuch 2016, aber auch schon in den Jahren zuvor, nachdem sich die Proteste gegen das Regime von Präsident Erdoğan verstärkt hatten.
Nach dem Putsch berichteten die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch, dass in U-Haft vor allem Putschverdächtige wieder systematisch gefoltert worden seien. Wie das Antifolterkomitee jetzt berichtet, wird zwar nicht mehr systematisch gefoltert, Schläge und andere Repressalien seien aber an der Tagesordnung. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass die Gefängnisse völlig überfüllt sind.
Zwar hat es wegen der Corona-Epidemie eine Teilamnesty gegeben, doch alle politischen Gefangenen, also auch alle inhaftierten Journalisten waren davon ausgenommen.
Auf der Gefängnisinsel Imrali
Als einzige unabhängige Institution durften die Experten des Europarates auch die Gefängnisinsel Imrali besuchen, wo der frühere Anführer der PKK, Abdullah Öcalan, seit 1999 seine lebenslange Haftstrafe absitzt. Anwälte und Angehörige von Öcalan beklagen seit Jahren, dass der prominenteste politische Gefangene des Landes auf der Insel weitgehend in Isolationshaft festgehalten wird.
Zwar gibt es seit einigen Jahren neben Öcalan noch drei weitere Gefangene auf Imrali, doch diese dürfen sich nur an neun Stunden in der Woche sehen. Die übrige Zeit sitzt jeder in Einzelhaft. Auch Besuche von Anwälten und Angehörigen sind nur sehr unregelmäßig und in großen Abständen von jeweils mehreren Monaten erlaubt.
Das CPT forderte jetzt, dass regelmäßige Besuche erlaubt werden sollten. Das Anwaltsbüro das Öcalan betreut, hatte kürzlich beklagt, dass seit dem Ausbruch von Corona der Zugang zu ihrem Mandanten noch weiter eingeschränkt wurde als ohnehin schon. Die Anwälte kündigten eine Beschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg an.
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