Menschenrechte in Russland: Moskau muss zahlen
Verstoß gegen die Meinungsfreiheit? Der EU-Gerichtshof urteilt in den Fällen der ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja und der Künstlerinnen von Pussy Riot.
Die damals 48-jährige Politkowskaja war am 7. Oktober 2006 in ihrem Moskauer Wohnhaus erschossen worden. Sie war als scharfe Kritikerin von Präsident Wladimir Putin bekannt.
Die russische Justiz hatte nach dem Mord zwar unverzüglich Ermittlungen eingeleitet und schließlich fünf Männer – unter ihnen einen Polizisten – angeklagt. Zwei von ihnen wurden im Mai 2014 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, die anderen wegen Komplizenschaft zu Freiheitsstrafen zwischen zwölf und 20 Jahren. Bis heute ist aber unklar, wer den Mord in Auftrag gegeben hat.
Das zweite Urteil betrifft die Festnahme und Inhaftierung von drei Mitgliedern der Frauen-Punkband Pussy Riot wegen einer Protestaktion in einer Moskauer Kirche 2012. Zwei der Frauen, die ein Jahr und neun Monate in Haft blieben, sprach das Gericht ein Schmerzensgeld von jeweils 16.000 Euro zu. Der dritten Klägerin, die nach sieben Monaten auf freien Fuß kam, muss Moskau 5.000 Euro zahlen.
Frei nach Begnadigung
Die Frauen waren wegen „Rowdytums“ und „Aufwiegelung zu religiösem Hass“ zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt worden, kamen jedoch nach einer Begnadigung durch Putin vorzeitig frei.
Das Straßburger Gericht stellte hier zum einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit fest. Zum anderen habe die russische Justiz den Text des Liedes „Punk-Gebet – Jungfrau Maria, hole Putin weg“ überhaupt nicht analysiert.
Der Gerichtshof rügte zudem die Art und Weise, wie den Frauen einen Monat lang der Prozess gemacht wurde. Sie seien in einem überfüllten Transportauto zum Gericht gebracht und während der Verhandlungen in eine gläserne Box gesperrt worden. Mit diesem Vorgehen habe Russland gegen das Verbot von menschenunwürdiger Behandlung verstoßen.
Die Urteile wurden von den sieben Richtern einer kleinen Kammer gefällt. Russland kann dagegen binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der Großen Kammer verweisen – er muss dies aber nicht tun.
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