Meme-Verbot in Russland: All your memes belong to us!
Schabernack treiben mit albernen Meme-Bildern im Netz? Nicht in Russland! Dort will man Internetspäße über öffentliche Personen entfernen lassen.
Ein Bild des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der mit nacktem Oberkörper auf einem Wiesel reitet, der auf dem Rücken eines fliegenden Spechts hängt. Eine von Tausenden Varianten von dem Wieselspecht, die kürzlich durchs Netz spülten – eingebettet zwischen Bildern von „Sad Keanu“ Reeves und erstaunt dreinblickenden Eulen, unterschrieben mit Sprüchen in fetten weißen Lettern. Alberner Internethumor. Internet-Meme.
Harmlose Witze? Von wegen.
In Russland kann man derartige Internetspäße jetzt entfernen lassen. Zumindest, wenn man nicht irgendeine Eule ist, sondern eine öffentliche Person. So zumindest liest sich eine Erklärung, die die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadzor in der vergangenen Woche auf dem Facebook-Äquivalent VK veröffentlichte. Darin heißt es, die Nutzung von Bildern öffentlicher Personen „verletzen die Gesetze zum Schutz persönlicher Daten und beschädigen Ehre, Würde und Geschäfte öffentlicher Personen“.
Hintergrund ist das Urteil eines Moskauer Gerichts. Das hatte dem russischen Sängers Waleri Sjutkin recht gegeben, der gegen ein Imageboard, eine Art Internetforum zur Veröffentlichung von Bildern im Netz, geklagt hatte, weil dort ein Foto von ihm, untertitelt mit frauenfeindlichen Äußerungen, zu sehen war.
Gedöns ist Umwelt, ist, was wir essen, wie wir reden, uns kleiden. Wie wir wohnen, lernen, lieben, arbeiten. Kinder sind Gedöns, Homos, Ausländer, Alte. Tiere sowieso. Alles also jenseits der „harten Themen“. Die taz macht drei Wochen Gedöns, jeden Tag vier Seiten. Am Kiosk, eKiosk oder direkt im Probe-Abo. Und der Höhepunkt folgt dann am 25. April: der große Gedöns-Kongress in Berlin, das taz.lab 2015.
Laut Roskomnadzor können nach diesem Urteil nun auch andere Personen des öffentlichen Lebens verlangen, dass Fotos von ihnen, die eines Bezuges auf ihre Persönlichkeit entbehren, gelöscht werden. Dazu müssten sie sich bei der Medienaufsichtsbehörde melden.
Was bedeutet: Worüber im Netz gelacht werden darf, bestimmt bitte schön immer noch der Belachte. Das Aus für subversiven Digitalhumor. Der Putin-Wieselspecht zumindest dürfte in Russland nun vom Aussterben bedroht sein – ist doch Putin nicht gerade für seinen Hang zur Selbstironie bekannt. Besonders, wenn es um Witze über seine kernigen Naturbursche-Inszenierungen geht. Obwohl: Was haben die Originalbilder davon, wie er auf Pferden reitet, eigentlich mit seiner Rolle als Präsident zu tun? Kann man die nicht vielleicht auch als Troll-Meme verbieten lassen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja