Meinungsfreiheit in Spanien: Königsbild abfackeln ist erlaubt
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die Strafe für zwei Katalanen, die ein Foto des Königs verbrannten, unzulässig.
Die beiden Männer aus Katalonien waren 2008 vom spanischen Sondergerichtshof Audiencia Nacional zu 15 Monaten Haft oder 2.700 Euro Bußgeld verurteilt worden. Ein Widerspruch vor dem Verfassungsgericht blieb erfolglos. Daraufhin zogen die beiden nach Straßburg. Spanien muss den Männern nun das Bußgeld zurückerstatten, 9.000 Euro Entschädigung bezahlen sowie die entstandenen Ausgaben übernehmen.
Das, was die spanische Justiz als „Beleidigung der Krone“ ansah, fand 2007 statt: Stern und Roura nahmen an einer Demonstration anlässlich eines Besuchs des damaligen Königs Juan Carlos I. und seiner Gemahlin Sofia in der katalanischen Stadt Girona teil. Dabei wurden Parolen für die Unabhängigkeit Kataloniens und gegen die Monarchie laut. Einige Demonstranten, darunter Stern und Roura, verbrannten einen Karton mit einem Plakat des Königspaars.
Sowohl unter den Richtern der Audiencia Nacional als auch denen des spanischen Verfassungsgerichts hatte der Fall heftige Debatten über die Grenzen der Meinungsfreiheit ausgelöst. In beiden Fällen setzten sich diejenigen durch, die im Verhalten der Männer eine Straftat sahen.
Die öffentliche Verbrennung der Monarchen-Porträts sei nicht nur eine Beleidigung, sondern auch ein „Zeichen des Hasses“, heißt es im Verfassungsgerichtsurteil, das sieben von elf Richtern unterzeichneten. Der Vorgang drücke „in einer nur schwer zu übertreffenden Form“ aus, dass die Monarchen „Ausschluss und Hass verdienen“.
Rapper und Twitteraktivisten im Visier
Doch das verstößt nach Ansicht der Straßburger Richter gegen den Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention. „Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“, steht dort zu lesen.
Die Diskussion über die Meinungsfreiheit in Spanien geht derweil weiter. Dutzende von Rappern und Twitteraktivisten sind wegen „Beleidigung der Krone“ sowie wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ angeklagt. Erst im Februar wurde der Rapper Valtònyc zu dreieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt, weil er gegen Polizei, Monarchie und korrupte Politiker anrappte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten