Mehr als 8 Milliarden Euro: Beinah-Rekord bei Rüstungsexporten
Die Ampel wollte Rüstungsexporte zurückfahren. Durch den Ukraine-Krieg erreicht die Ausfuhr von Waffen und Ausrüstung aber fast den Rekordwert.
![Kanzler Olaf Scholz vor einem Gepard-Panzer Kanzler Olaf Scholz vor einem Gepard-Panzer](https://taz.de/picture/5996041/14/31831342-1.jpeg)
Die Ampel-Regierung hatte sich in den Koalitionsverhandlungen auf Drängen von SPD und Grünen eigentlich vorgenommen, die Rüstungsexporte zurückzufahren und dafür ein Kontrollgesetz auf den Weg zu bringen. Dann kam mit dem Ukraine-Krieg die Kehrtwende. Das selbst auferlegte Verbot von Waffenlieferungen in Kriegsgebiete wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner „Zeitenwende“-Rede am 27. Februar einkassiert – ein Bruch mit seit Jahrzehnten geltenden Grundsätzen.
Seitdem sind Rüstungslieferungen für 2,24 Milliarden Euro für die Ukraine genehmigt worden, darunter viele schwere Waffen wie 30 Flugabwehrpanzer Gepard, 14 Panzerhaubitzen 2000 (schwere Artilleriegeschütze), fünf Mehrfachraketenwerfer oder das Flugabwehrsystem Iris-T. Der hohe Gesamtwert der Ausfuhrerlaubnisse ist aber nicht alleine darauf zurückzuführen.
Auch ohne die Ukraine wurden Exporte im Wert von mehr als sechs Milliarden Euro genehmigt. Zum Vergleich: In den 16 Regierungsjahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die 6-Milliarden-Marke nur fünf Mal überschritten. Der vom Wirtschaftsministerium genannte Wert für das laufende Jahr kann sich noch erhöhen. Erfasst sind nur die Genehmigungen bis einschließlich 22. Dezember.
Linke kritisieren Rüstungsexporte als „skrupellos“
Die Linken-Politikerin Dagdelen kritisierte die Zahlen scharf: „Das Kabinett von SPD, FDP und Grünen verantwortet die zweithöchsten Exporte von Waffen und Kriegsgerät aller Zeiten. Statt die Rüstungsexporte wie versprochen einzuschränken liefert die Ampel skrupellos Rüstungsgüter in Kriegs- und Krisengebiete und profitiert von Konflikten und Toten.“
In der Rangliste der wichtigsten Empfängerländer folgen hinter der Ukraine mit den Niederlanden (1,83 Milliarden), den USA (863,7 Millionen Euro), Großbritannien (453,0) und Ungarn (249,2) vier Nato-Staaten. Unter den Top Ten sind mit Australien (196,1), Singapur (175,1) und Südkorea (166,5) auch noch weitere drei weitere Länder, die nicht zu EU oder Nato gehören. Australien wird in der Exportstatistik aber den Nato-Staaten gleichgestellt.
Für Drittstaaten jenseits von EU, Nato und gleichgestellten Ländern wurden in diesem Jahr bisher Rüstungsgüter für 3,23 Milliarden Euro genehmigt, darunter mehr als zwei Drittel für die Ukraine. Der Anteil der Exporte in Drittstaaten am Gesamtwert sank im Vergleich zum Vorjahr von 63,6 auf 38,7 Prozent. Der hohe Anteil 2021 ging vor allem auf Ägypten zurück, für das die Regierung Merkel Kriegsschiffe, Luftabwehrsysteme und andere Rüstungsgüter für 4,34 Milliarden Euro genehmigte.
Jahreszahlen werden im Januar veröffentlicht
Die große Koalition von Union und SPD hatte in den letzten neun Tagen ihrer Amtszeit damals noch Exporte für fast fünf Milliarden Euro erlaubt, obwohl sie nur noch geschäftsführend im Amt war. Nur so kam am Ende des Jahres der Rekordwert von mehr als neun Milliarden Euro zustande. Die Gesamtzahlen für 2022 sollen Anfang Januar bekanntgegeben werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen