Mehr Härte bei Angriffen auf Politiker?: „Kein Zwei-Klassen-Strafrecht“

Nach dem Messerangriff auf den Bürgermeister Altenas: Kommen härtere Strafen für Attacken auf Politiker? Das Justizministerium reagiert reserviert.

Porträt Andreas Hollstein

„Der Staat muss wehrhafter sein“ – Angriffsopfer Andreas Hollstein Foto: dpa

BERLIN taz | Der Appell von Andreas Hollstein ist deutlich. Der Staat müsse wehrhafter sein, fordert der Bürgermeister von Altena, nachdem ihn am Montag ein Mitbürger mit einem Messer attackierte. Hintergrund war offenbar die liberale Flüchtlingspolitik des CDU-Mannes. Pöbeleien und Angriffe gegen Politiker seien kein Kavaliersdelikt, betont Hollstein. Die liberale Gesellschaft müsse hier früher Grenzen ziehen, auch mit „saftigen Strafen“.

Den Appell stützt auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Von einer „völlig neuen Dimension“ von Hasskriminalität gegen Mandats- und Amtsträger spricht Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Es sei nicht hinnehmbar, dass Menschen, die sich für die Gesellschaft einsetzten, solchen Angriffen schutzlos ausgeliefert seien. „Ein wehrhafter Rechtsstaat muss diesen Entwicklungen mit aller Kraft entgegentreten.“ Landsberg fordert das Schließen von Strafbarkeitslücken, etwa mit der Ergänzung des Stalking-Paragrafen 238 im Sinne eines „Politiker-Stalkings“.

Tatsächlich ist die Attacke von Altena kein Einzelfall. Rund 450 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger zählte das Bundeskriminalamt in diesem Jahr allein im ersten Halbjahr. 1.800 Straftaten waren es im vergangenen Jahr.

Heiko Maas: keine Verschärfung

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) lehnt eine Gesetzesänderung dennoch vorerst ab. Erst im Frühjahr sei der Stalking-Paragraf verschärft worden, sagte ein Sprecher der taz. Dieser schütze auch Amts- und Mandatsträger. Und dies „erheblich“ besser als zuvor. Zudem gebe es weitere strafrechtliche Vorschriften, die Hassdelikte gegen Politiker „konsequent“ verfolgen würden.

Auch SPD-Innenexperte Burkhard Lischka stimmte ein: „So abscheulich und verwerflich diese Angriffe auch sind: Ich halte es nicht für sinnvoll, für verschiedene Bevölkerungsgruppen Sonderstraftatbestände zu schaffen. Dies birgt die Gefahr eines Zwei-Klassen-Strafrechts.“ Ähnlich argumentieren die Grünen. „Einzelne Berufsgruppen durch spezielle Straftatbestände schützen zu wollen, sehe ich sehr kritisch“, so Innenexpertin Irene Mihalic. „Dass jemand angegriffen wird, weil er sich für das Gemeinwesen eingesetzt hat, kann auch nach geltendem Recht zu einer höheren Strafe führen.“

Andreas Hollstein ist bereits seit Dienstag wieder im Dienst. Er wurde bei der Attacke leicht am Hals verletzt. Der Angreifer schwieg am Mittwoch weiter zu seiner Tat. Er sitzt in U-Haft wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes.

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