Mehr Geld für Schulen: Merkel disponiert mal wieder um
Mit einem Schwenk in der Bildungspolitik klaut Merkel der Opposition wieder ein Thema. Doch die Lockerung des Kooperationsverbots bei Schulen wird schwierig.
BERLIN taz | Kurz vor der Wahl tut sie es schon wieder: Kanzlerin Angela Merkel klaut der Opposition ein beliebtes Bildungsthema. Das sogenannte Kooperationsverbot soll fallen. Das Verbot sieht vor, dass der Bund die Länder in der Schulpolitik nicht finanziell unterstützen darf. Und Merkel stellt nun in Aussicht, dass sich das ändern könnte.
Geht es den Schulen schlecht, dürfen sie keine finanzielle Hilfe aus Berlin bekommen. Denn Bildungspolitik ist Sache der Länder. SPD und Grüne fordern seit langem, dass dieses Verbot abgeschafft wird. Doch die Union blieb hart. Bis jetzt. Überraschend forderte Merkel nun, dass gerade dieses Kooperationsgesetz an Schulen gelockert wird.
Die Kanzlerin sagte im Interview mit der Mittelbayerischen Zeitung: „Ich sehe auch noch weitere Kooperationsmöglichkeiten, zum Beispiel bei der Ganztagsbetreuung an Schulen, die in den nächsten Jahren erheblich ausgeweitet werden muss. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich die Länder auf eine gemeinsame Position einigen.“
Ob das umgesetzt werden kann, ist mehr als fraglich. Denn dazu müsste die Verfassung geändert werden. Für eine Änderung des Grundgesetzes wäre eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundesrat, also der Länder, erforderlich. Und bislang sieht es nach einem Nein der CDU-geführten Landesregierungen aus.
Bayern: Keine Verfassungsänderung
Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) ließ am Donnerstag mitteilen: „Eine Zusammenarbeit ist möglich, jedoch unter Wahrung der Kernverantwortung der Länder für die Schule.“ Eine Verfassungsänderung kommt für ihn nicht in frage. Genauso geht es der Regierung in Sachsen-Anhalt. „Wir wollen nicht die Verfassung ändern“, so Regierungssprecher Matthias Schuppe. Eine Kooperation könne man sich in bestimmten hingegen Bereichen vorstellen.
„Im Interesse der Zukunftsfähigkeit und internationaler Konkurrenzfähigkeit ist das ein Thema, was man mit den Bund durchaus diskutieren sollte“, sagte Schuppe. Bei den Hochschulen sei Ministerpräsident Haseloff schon immer für eine Lockerung gewesen und habe sich dafür im Bund eingesetzt, so Schuppe.
Auch in Hessen sagte ein Sprecher des Kultusminiseriums: „Im Hochschulbereich ist eine Lockerung sicherlich sinnvoll. Bei den Schulen hingegen gibt es eine klare Zuständigkeit.“
Bisher hatte die schwarz-gelbe Regierung lediglich für die Hochschulen gefordert, dass das Kooperationsverbot gelockert werde und der Bund Geld zuschießen könne. Dem hatte sich wiederum die Opposition widersetzt. Denn das hieße: die sogennanten „Eliteunis“ sollten mehr Geld vom Bund bekommen, die Schulen hingegen nicht, lautete die Kritik.
Die Opposition glaubt Merkel nicht. So ist der bildungspolitische Sprecher der SPD, Ernst Dieter Rossmann, erzürnt: „Angela Merkel verkauft die Bürger für dumm“, äußerte er sich am Donnerstag in einer Pressemitteilung. Seit vier Jahren bekämpfe die Merkel-Regierung jede Lösung. Ihr gehe es lediglich um eine Förderung weniger Elitehochschulen.
„Alle Vorschläge der Opposition, das Kooperationsverbot für die Bildung zu lockern, wurden von Schwarz-Gelb abgelehnt“, sagte die hochschulpolitische Sprecherin der Linken, Nicole Gohlke und fügte hinzu: „Merkels Äußerungen kann man getrost unter der Rubrik Teflon-Kanzlerin ablegen.“ Auch der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring kritisierte die Äußerung: „Eine verbale Kehrtwende 24 Tage vor der Wahl ist pure Heuchelei.“
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