Mehr Abschiebungen von Flüchtlingen: Bundesamt setzt auf Abschreckung
Drei Balkan-Staaten gelten seit kurzem als „sichere Herkunftsländer“, doch Flüchtlinge kommen trotzdem. Die Behörden wollen sie deshalb abschrecken.
NÜRNBERG dpa | Die Zahl der Asylbewerber aus Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien wird in den ersten Monaten 2015 nach Einschätzung des Bundesamtes für Migration spürbar zurückgehen. Die drei Balkan-Staaten gelten seit Anfang November als „sichere Herkunftsländer“. Seitdem können Anträge von Bewerbern, die wenig Chancen auf eine Anerkennung als Flüchtling haben, schneller abgelehnt werden. Auch Abschiebungen sind leichter.
Noch mache sich dies bei den Antragszahlen nicht bemerkbar, sagte der Chef des Bundesamtes, Manfred Schmidt. Aber: „Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl der Asylbewerber aus diesen Ländern spätestens ab Januar oder Februar nach unten bewegen wird – wenn wir jetzt auch konsequent die Rückführung in Angriff nehmen.“
Im Dezember sollten mindestens drei Sammelflüge von Sachsen, Bayern und Berlin aus starten, um etwa 1.000 Asylbewerber in die drei Länder zurückzubringen. „Das wird einen Effekt haben“, zeigte Schmidt sich sicher. Derzeit leben knapp 40.000 ausreisepflichtige Menschen ohne Duldung in Deutschland. Zwangsweise abgeschoben wurden in diesem Jahr etwa 10.000. Dazu kamen etwa 12.000, die freiwillig ausreisten.
Im Oktober und November sei die Zahl der Asylbewerber aus den drei Balkan-Ländern nochmals gestiegen, sagte Schmidt. In beiden Monaten seien jeweils etwa 5.000 Menschen nach Deutschland gekommen. „Unserer Erfahrung nach gibt es vor Inkrafttreten einer Änderung noch mal eine letzte Welle an Zugängen.“
Abschiebeverfahren sollen strenger werden
Der Behördenchef sprach sich dafür aus, das Abschiebeverfahren strenger zu handhaben. „Es gibt kein Bleiberecht qua körperlicher Anwesenheit“, betonte er. „Wenn eine Ausreisepflicht vorhanden ist, muss dieser auch nachgekommen werden.“
Das Problem sei, dass bislang eine ganze Familie nur zusammen abgeschoben werden könne. „Am Tage des Vollzugs stellen die Kollegen der Ausländerbehörde oft fest, dass etwa der Vater nicht auffindbar ist oder das Kind nicht in der Schule – und keiner weiß, wo es ist.“
Damit wollten Asylbewerber die Abschiebung so lange verzögern, bis Deutschland sie nicht mehr in das EU-Land zurückschicken dürfe, in dem sie zuerst ankamen. Schmidt regte an, Überstellungen nach dem ersten gescheiterten Versuch nicht mehr anzukündigen. „Oder wenn ein Erwachsener nicht auffindbar ist, dass dann der Rest der Familie überstellt und der Familienverband später wieder zusammengeführt wird.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt