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#MeToo in den USAWeinstein einigt sich mit Klägerinnen

Der Filmproduzent Harvey Weinstein soll einen 25-Millionen-Dollar-Deal mit 30 Frauen abgeschlossen haben. Dadurch wendet er fast alle Klagen ab.

Weinstein bei einer Kautionsanhörung Anfang Dezember Foto: dpa

Berlin taz/afp/reuters | Der US-amerikanische Filmproduzent Harvey Weinstein hat eine Grundsatzvereinbarung über Entschädigungszahlungen an dutzende Frauen geschlossen. Es geht dabei um eine Zahlung von insgesamt 25 Millionen Dollar. Fast alle Klagen wegen sexuellen Fehlverhaltens gegen Weinstein und seine Firma würden dadurch beendet, berichtet die New York Times am Mittwoch unter Berufung auf sechs Anwälte.

Diese Summe soll unter den 30 Schauspielerinnen und ehemaligen Mitarbeiterinnen Weinsteins aufgeteilt werden, die juristisch gegen den ehemaligen Filmproduzenten vorgegangen waren.

Die getroffene Vereinbarung muss noch von allen beteiligten Parteien unterzeichnet und von einem Gericht genehmigt werden. Geschieht das, müsste Weinstein kein Fehlverhalten eingestehen und nichts aus eigener Tasche zahlen. Versicherungsunternehmen, die die bankrotte Filmproduktionsfirma Weinstein Company vertreten, würden die Zahlung in Millionenhöhe übernehmen.

Der NYT zufolge würden sich 18 der mutmaßlichen Betroffenen 6,2 Millionen Dollar teilen, keine Frau würde mehr als 500.000 Dollar bekommen. Weitere 18,5 Millionen Dollar würden für eine Sammelklage, die Anklage der New Yorker Staatsanwaltschaft und zukünftige Kläger zur Verfügung stehen. Die „Time's Up“-Kampagne, die im Zuge der #MeToo-Debatte vor über zwei Jahren entstanden war, kritisierte die Vereinbarung als zu begrenzt.

Durch die Vergleichszahlung wendet Weinstein fast alle Klagen ab. Der Strafprozess in New York, der am 6. Januar beginnen soll, ist von dem Deal jedoch nicht betroffen. Dort geht es um die Anschuldigung zweier Frauen, die ihm Vergewaltigung im Jahr 2013 und erzwungenen Oralverkehr im Jahr 2006 vorwerfen. Weinstein droht lebenslange Haft, derzeit befindet er sich unter strikten Auflagen auf freien Fuß. Vor wenigen Tagen wurde seine Kaution wegen Fluchtgefahr auf 5 Millionen Dollar angehoben, nachdem die Staatsanwälte zahlreiche Verstöße Weinsteins beim Tragen der elektronischen Fußfessel moniert hatten.

Seit Oktober 2017 haben ihm 80 Frauen, darunter auch namenhafte Schauspielerinnen, sexualisierte Gewalt vorgeworfen. Die Vorwürfe wurden durch die Berichterstattung des New Yorker und der New York Times bekannt und lösten die #MeToo-Bewegung aus. Weinstein streitet alle Vorwürfe gegen ihn ab.

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5 Kommentare

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  • Diese Verfahren haben (leider) mit dem fälligen Strafprozess nur wenig zu tun. Ich verstehe nicht, warum die Justiz da nicht darauf besteht, den Zusammenhang herzustellen und erstmal strafrechtlich Klarheit über Schuld oder Unschuld zu schaffen.

    Sauberer wäre es doch, zuerst den Strafprozess zu führen und erst im Anschluss über (zivilrechtliche) Entschädigungen zu entscheiden. So aber nimmt das Zivilverfahren möglicherweise dem Strafverfahren den Wind aus den Segeln. Nach dem Motto: wenn die Opfer sich auf einen Vergleich einlassen, dann kann die Sache wohl nicht so schlimm gewesen sein.

  • Da hat die US Kultur schon was komisches. Ich meine, der Mann ist erstmal ruiniert, auch ohne mehrfache Verurteilung. Daß sich hier die Opfer aber kaufen lassen, anstatt den Täter seiner gerechten Strafe zuführen zu wollen, finde ich schon befremdlich.



    Das beheizt doch gerade das Argument der "Antifeministen" - Frauen würden solche Vorwürfe nur in den Raum werfen, weil es ihnen um Geld ginge. Ein solcher Vergleich ist doch genau das - Bares anstatt Gerechtigkeit. Am Ende gehen die übriggebliebenen Verfahren gegen die Wand und Weinstein wird freigesprochen. Dann kann er sich als Opfer der geldgierigen Lügnerinnen hinstellen. Wollen die Opfer das wirklich? Ich kann es nicht verstehen.

    • @SuedWind:

      "Daß sich hier die Opfer aber kaufen lassen, anstatt den Täter seiner gerechten Strafe zuführen zu wollen, finde ich schon befremdlich."



      In diese Entscheidung fließen durchaus auch die Erfolgschancen mit ein, besser eine Entschädigung als Nichts und ein Freispruch.



      Die Fälle liegen Jahre zurück, da ist die Beweisführung "schwierig" und ein Erfolg alles andere als garantiert ... insbesondere da es ja eher Quid-pro-quo Situationen waren (Rolle/Job gegen "Gefälligkeit"), das macht die Argumentation für die Opfer ebenfalls "schwierig" und senkt die Erfolgschancen weiter ... sie haben ja zugestimmt, um die die Rolle/Job zu bekommen, statt zur Polizei zu gehen, den Vorfall anzuzeigen.



      Kurz: die Erfolgschancen waren zu gering ... und im Gegensatz zur allgemeinen Öffentlichkeit wissen diese Frauen das ganz genau.

    • @SuedWind:

      Sein Ruf in der Durchschnittsgesellschaft ist zwar mehr oder weniger hin, aber aus einer Mischung von reaktionärem "Jetzt-erst-recht" und allgemeinem Hollywood-Klüngel wird er weiterhin die Infrastruktur der Superreichen genießen und sich ein bequemes Leben machen können.

      Irgendwie "ruiniert", aber von seinen Lebensumständen kann jede Putzfrau, jeder Barista usw. nur träumen.

      Und vergleichbare Fälle von übergriffigen Priestern, Ärzten o. ä. zeigen, dass die Wiederholungsgefahr in solchen Fällen durchaus besteht.

    • @SuedWind:

      Ich hätte denke ich lieber Geld um mir eine anständige Therapie leisten zu können, um Verdienstausfall zu kompensieren, etc. als wenn der Täter z.B. eine Bewährungsstrafe bekäme. Wiederholungsgefahr scheint hier ja nicht mehr gegeben zu sein, es geht also auch nicht um den Schutz zukünftiger potentieller Opfer. Und als Lügnerinnen müssen sie sich eh beschimpfen lassen, wie leider die Erfahrung zeigt, da hilft eine Verurteilung nichts.

      Ich werde nie verstehen, was an Schmerzensgeldzahlungen verwerflich sein soll. Wir leben im Kapitalismus, wo man auch für Hilfe bezahlen muss. Man sollte dann den Opfern nicht verwehren, dass sie versuchen, die bestmögliche Hilfe für sich zu bekommen. Wenn der Täter eingesperrt wird, werden vielleicht meine Rachegelüste befriedigt. Meine Traumata und aus der Tat resultierende Probleme hab ich aber immer noch.