Matthias Matussek stellt neuen Roman vor: Selbststilisierung im rechten Sumpf
Der Ex-Spiegel-Journalist Matthias Matussek macht in seinem neuen Roman sich selbst zum Thema. Am Freitag stellt er ihn auf einer AfD-Veranstaltung vor.
![Matthias Matussek blickt in die Kamera. Matthias Matussek blickt in die Kamera.](https://taz.de/picture/6505955/14/80735758-1.jpeg)
E in ehemaliger Spiegel-Kulturchef hat ein neues Publikum gefunden – rechts von der Union. Am Freitag stellt Matthias Matussek seinen Roman „Armageddon“ bei der AfD in Schleswig-Holstein vor. Auch die Hamburger Landespartei bewirbt die Vorstellung im Hotel und Restaurant „Seeblick“ in Mühbrook, die ab 19 Uhr beginnen soll. „Der Eintritt ist frei. Herr Matussek verzichtet auf ein Honorar“, schreibt die schleswig-holsteinische AfD auf ihrer Website.
In dem Roman, dessen Titel auf den mythischen Ort der letzten Entscheidungsschlacht anspielt, sucht Matussek auch selbst wieder einmal ganz offensichtlich die Auseinandersetzung. Der Europaverlag umreißt den Inhalt kurz und knapp: „Ein Video, ein Scharfschützengewehr, eine Morddrohung der Antifa und ein nach links blinder Staatsschutz“.
Der Roman beginne wie ein Thriller und ende „in der finalen Schlacht zwischen den Mächten des Himmels und denen des Satans, frei nach der Apokalypse des Johannes“, verspricht der Verlag. Ein „Katholik“ und „ehemaliger Starjournalist“ wird als „rechts verfemt“ und von einem „Antifa-Helden der G20-Krawalle“ gejagt.
Das Sujet scheint nahe an der Selbstwahrnehmung des Schreibers angelegt. Matussek ist bekennender Katholik. Die christliche Nächstenliebe scheint bei ihm aber offensichtlich bei homosexuellen Menschen zu enden, denn die versteht er als einen „Fehler der Natur“. Auch nimmt er eine „Flut muslimischer Bodybuilder“ wahr.
Die Entgrenzungen in der Argumentation und Rhetorik manifestierte sich schon in früheren Auftritten. 2018 trat Matussek bei der Kundgebung „Merkel muss weg“ auf. Am Hamburger Dammtor witzelte er über die aus seiner Sicht vermeintlichen rechtsextremen Verstrickungen der Kundgebungsakteur:innen. Rund 200 Männer und Frauen, unter ihnen NPD-Kader, freuten sich, als er über die Presse scherzte, wie sie „von Hintermännern und Hintermännern von Hintermännern, von Reichsbürgern und NPD“ berichten würden.
2019 stellte der heute 69-jährige, frühere Egon-Erwin-Kisch-Preisträger Fotos seiner Geburtstagsfeier in die sozialen Medien, die große Aufmerksamkeit erregten. Denn unter den Gästen waren Mario Müller, vorbestrafter Aktivist der „Identitären Bewegung“, Erika Steinbach, Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, und Dieter Stein, Chefredakteur der neu-rechten Jungen Freiheit. Aber auch frühere Bekannte aus seinem einstigen Berufsumfeld waren gekommen.
Matussek, bereits mit früheren Büchern zum Bestseller-Autor avanciert, schreibt längst für die rechteren Magazine im deutschsprachigen Raum – von Cato über den Deutschland-Kurier bis zur Weltwoche. Ein Foto von Sommerfest der Weltwoche mit Hans-Georg Maaßen, Harald Schmidt und Matussek belegt jüngst die gefestigte Allianz. Roger Köppel, Abgeordneter der rechtsnationalen Schweizerischen Volkspartei und zugleich Verleger des Wochenmagazins, forcierte die extrem rechte Ausrichtung des Magazins. In der Weltwoche feierte Matussek sein „Idol Schmidt“ nun, nachdem der frühere Talkmaster jede Kritik an seiner Präsenz gelassen abwehrte.
Über den Typus eines Intellektuellen, wie heute Matussek, oszillierend zwischen der Positionierung von Ressentiments und der Passion der Provokation, schrieb schon eine politische Theoretikerin. Hannah Arendt sah in den „Angehörigen der geistigen und künstlerischen Eliten“ des 20. Jahrhunderts, die sich in den „totalitären Bewegungen“ bewegte, Mitverantwortliche für den Nationalsozialismus – sie forcierten das „Bündnis zwischen Mob und Elite“. Klingt ganz so, was Matussek heute versucht.
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