Maßnahmen gegen Schulschwänzer: Mit einer gewissen Härte
Die Bildungsverwaltung will konsequenter gegen Schulverweigerer vorgehen: Bezirke sollen früher Bußgelder verhängen können.
An Berliner Schulen steigt die Zahl der geschwänzten Unterrichtsstunden leicht an, gleichzeitig gibt es aber einen leichten Rückgang bei den „schweren Fällen“ zu vermelden – also bei den SchülerInnen, die mehr als 20 Tage unentschuldigt fehlen. „Natürlich geben wir uns mit dieser Entwicklung aber nicht zufrieden“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Montag. Unter anderem will man nun künftig den Bezirken die Möglichkeit geben, frühzeitiger härter mit Schulversäumnisanzeigen und Bußgeldern durchgreifen können.
Dafür will Scheeres zum kommenden Schuljahr 2018/19 die sogenannte Ausführungsvorschrift Schuldistanz ändern, mit der die Bildungsverwaltung regelt, wie Schulen juristisch gegen schwänzende SchülerInnen vorgehen können. Derzeit kann die Schule nach fünf unentschuldigten Fehltagen im Halbjahr eine Schulversäumnisanzeige beim bezirklichen Schulamt stellen. Doch künftig sollen auch einzelne Fehlstunden zu Fehltagen addiert werden. „Wir wissen, dass Schwänzen oft mit einzelnen Fehlstunden anfängt“, sagte Scheeres.
Bei einer Schulversäumnisanzeige müssen die Eltern zu einer Anhörung auf dem Schulamt erscheinen – kommen sie nicht und geht das Kind auch nicht wieder zur Schule, begehen die Eltern eine Ordnungswidrigkeit. Bis zu 2.500 Euro Bußgeld kann das Schulamt einfordern. Meist bleiben die Schulämter allerdings im dreistelligen Bereich.
Zudem machen die Bezirke von dieser Möglichkeit sehr unterschiedlich gebraucht: Während Neukölln im vergangenen Schuljahr 441 Bußgeldbescheide verschickte, waren es in Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick überhaupt keine. Dort gehe man bewusst „einen pädagogischen Weg“ hätten die Bezirke rückgemeldet, hieß es am Montag seitens des Fachreferats Schuldistanz in Scheeres' Verwaltung.
Tatsächlich scheint es keine Rolle zu spielen, ob die Bezirke eine harte Linie fahren – oder es lieber noch mal mit einem netten Gespräch versuchen. In Neukölln lag die Quote der unentschuldigten Fehltage bei den Siebt- bis Zehntklässlern im letzten Schuljahr bei 2,7 Prozent, im „soft“ agierenden Friedrichshain-Kreuzberg ebenfalls bei 2,1 Prozent. Insgesamt fehlten die 100.000 Berliner Siebt- bis ZehntklässlerInnen rund 182.400 Tage unentschuldigt, eine Quote von 1,8 Prozent. Rund 2.000 SchülerInnen schwänzten mehr als 20 Tage – fünf Prozent weniger als vor zwei Jahren
Schuldistanz hat unterschiedliche Gründe
Ungewöhnlich scharf reagierte Scheeres am Montag auf die Entscheidung einzelner Bezirke, grundsätzlich auf Bußgelder zu verzichten. Das sei „unverantwortlich“, so Scheeres. „Da lässt man die Eltern bei dem Thema völlig außer Acht.“ Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Hildegard Bentele, begrüßte die deutlichen Worte: „Wir fordern schon lange eine konsequentere Anwendung des Bußgelds und dabei ein einheitlicheres Vorgehen der Bezirke.“
Gleichzeitig gab Scheeres zu, dass die Gründe für die Schuldistanz sehr unterschiedlich seien. Nicht immer seien desinteressierte Eltern das Problem. Auch Mobbing könne eine Rolle spielen, psychische Probleme des Schülers oder ein schwieriges soziales Umfeld in der Schule selbst.
Deshalb soll es neben der Verschärfung im Schulgesetz noch andere Maßnahmen geben. So soll ein seit Jahren erfolgreich laufendes Projekt in Steglitz-Zehlendorf stadtweit ausgedehnt werden. Bei der „Diagnose Schulambulanz“ werden durch Schwänzen auffällig gewordene SchülerInnen aus ihrer normalen Schule herausgenommen und für einige Wochen in Kleingruppen von sechs bis acht Jugendlichen unterrichtet, die der Schulpsychologische Dienst im Bezirk betreut. der Steglitzer Schulleiter Harald Leppler, dessen Schule an dem Projekt beteiligt ist, am Montag betonte: „Schwänzen ist ja nur ein Symptom für ein anderes Problem.“
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