Massaker in spanischer Enklave: Gewalt einen Riegel vorschieben
Zwei Jahre nach dem Tod von 27 Migranten in Melilla bleiben die Verantwortlichen noch immer unbehelligt. Die Straflosigkeit muss ein Ende haben.
A m 24. Juni jährt sich zum zweiten Mal das Massaker in Melilla, der spanischen Enklave in Marokko. 27 Schutzsuchende sind durch die brutale Gewalt marokkanischer und spanischer Grenzbeamter ums Leben gekommen. 70 weitere werden bis heute vermisst. Die Bilder der Sterbenden und Schwerverletzten gingen um die Welt. Geändert haben sie nichts. Bis heute bleiben die Verantwortlichen unbehelligt, Ermittlungen wurden eingestellt – auch mit dem entlastenden Verweis, dass die Ereignisse auf marokkanischem Boden stattgefunden hätten.
Die europäischen Außengrenzen sind ein Raum der Straflosigkeit. Es ist offensichtlich, dass die EU mit den Verbrechen, die in ihrem Namen begangen werden, nichts zu tun haben will. Dabei beschädigt die anhaltende Gewalt und die mit ihr verbundene Straflosigkeit die Demokratie in ihrem Kern. Wir gewöhnen uns daran, dass Rechtsbrüche nicht verfolgt werden und Unrecht nicht sanktioniert wird.
Wenn staatliche Sicherheitskräfte offen gegen Schutzsuchende vorgehen können, ermutigt das auch die nahtlos daran anschließende rechte Gewalt, die in Deutschland Asylunterkünfte in Flammen aufgehen lässt. Auch wenn von den derzeit 120 Millionen Menschen auf der Flucht die allermeisten von Ländern des Globalen Südens aufgenommen werden, schnallt die EU ihren „Gürtel der Gewalt“ jedes Jahr enger.
Mit diesem Begriff benennt die Journalistin Franziska Grillmeier das System an den EU-Außengrenzen, und wie dort Schutzsuchende mit roher Brutalität daran gehindert werden, einen Asylantrag zu stellen. Die Bilder von vor zwei Jahren sind der sichtbarste Ausdruck dieses Systems. Eine diese Woche veröffentlichte Untersuchung von Border Forensics belegt nun, dass das Melilla-Massaker vor allem auf spanischem Territorium und unter Beteiligung spanischer Grenzbeamter stattgefunden hat.
Ihre Analyse ist ein Versuch, der Normalisierung von Gewalt einen Riegel vorzuschieben und eine Grundlage dafür zu schaffen, damit die europäische Straflosigkeit ein Ende hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen