Martin Selmayr wechselt nach Wien: Umstrittener Beamter muss gehen
Seine Beförderung zum Generalsekretär der EU hatte für viel Unmut gesorgt. Zum Amstantritt Ursula von der Leyens muss Selmayr den Posten nun räumen.
Selmayr verlässt damit im Herbst nach 15 Jahren als Kommissionsbeamter die EU-Hauptstadt zum Amtsantritt der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der 48-Jährige galt in den vergangenen Jahren als der einflussreichste EU-Beamte in Brüssel. Er war 2014 Junckers Wahlkampfchef bei der Europawahl und dann mehr als drei Jahre lang sein Kabinettschef.
In dieser Funktion galt er als „graue Eminenz“ im EU-Betrieb und war in der Kommission ebenso bewundert wie gefürchtet. Für Kritik sorgte Anfang 2018 seine Blitzbeförderung zum Generalsekretär der EU-Kommission. Er wurde dabei binnen Minuten erst zum stellvertretenden Generalsekretär ernannt und bekam dann umgehend den wichtigsten Verwaltungsposten in der EU-Behörde mit 32.000 Mitarbeitern.
Das EU-Parlament hatte die Beförderung als „handstreichartige Aktion“ kritisiert. Die EU-Bürgerbeauftragte Emily O'Reilly leitete eine Untersuchung ein und kam zu dem Schluss, dass die Kommission die Regeln „manipuliert“ habe. Es blieb jedoch bei einer Rüge.
Der für Personal zuständige deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger begründete Selmayrs Weggang mit der Ernennung von der Leyens zur künftigen Kommissionspräsidentin. Es sei „naheliegend“, dass der Generalsekretär „nicht die gleiche Nationalität haben sollte“.
Oettinger würdigte dabei Selmayrs Arbeit in der Kommission. Die fünf Jahre unter Juncker wären „ohne seine Mitwirkung in der Form nicht denkbar“, sagte er. „Ich glaube, die meisten sind ihm dankbar. Und die, die nicht dankbar sind, haben zumindest Respekt vor ihm.“
Einen dauerhaften Nachfolger für Selmayr legte die scheidende Kommission noch nicht fest. Den Posten übernimmt kommissarisch die Lettin Ilze Juhansone als dienstälteste stellvertretende Generalsekretärin. Die Entscheidung über den neuen Generalsekretär trifft von der Leyen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen