Martin Hinteregger in der Kritik: Offene rechte Flanke
Eintracht Frankfurts Hinteregger plant ein Festival für seine Fans. Dass sein Partner dabei ein rechter Politiker ist? Will er nicht gewusst haben.
Das kommt an bei seinen Fans. Die sollen demnächst zusammen mit ihm Fußball spielen und feiern. Beim „Hinti-Cup“ mit anschließendem „Festi:Ball“ in seinem Kärntner Heimatkaff Sirnitz. Organisiert hat Hinteregger die Fete, bei der auch DJ Ötzi und der Frankfurter Rapper Vega auftreten sollen, zusammen mit einem gewissen Heinrich Sickl. Der ist in Österreich wohlbekannt für seine Nähe zum Rechtsextremismus.
Und da ist Eintracht Frankfurt, der Klub, für den Hinteregger spielt. Der ist gerade auf dem ganzen Kontinent großes Thema, nachdem er die Europa League gewonnen hat. Die Fans, die den Klub in wahren Massen zu den Spielen nach Barcelona, London oder Sevilla begleitet haben, sind Protagonisten von Herz-Schmerz-Geschichten über die wahre Liebe zum Fußball.
Sie sind ein Phänomen so wie der Klub, dessen Präsident Peter Fischer ein ums anders Mal klarmacht, dass rechtes Gedankengut bei der Eintracht keinen Platz hat. AfD-Mitglieder sind ausdrücklich unerwünscht beim Verein, auch das hat Fischer immer wieder deutlich gemacht.
Die Hinti-Army
Der sichtbare Teil der Fanszene ist seinem Kurs immer gefolgt. Bei dem genießt Martin Hinteregger ein besonders hohes Ansehen. Ein paar von ihnen bezeichnen sich als Hinti-Army. Es ist eine Liebe, die einer harten Prüfung ausgesetzt ist, seit der österreichische Journalist Michael Bonvalot am Mittwochabend auf seinem Blog standpunkt.press die Recherchen veröffentlicht hat, nach denen Martin Hinteregger zusammen mit einen notorisch auffälligen Rechtsradikalen eine Veranstaltung in Kärnten organisiert hat.
Gemeinsam mit einer Gastronomin haben Hinteregger und ebenjener Heinrich Sickl die Hinti Event GmbH gegründet. Der Hinti-Cup war schließlich mehr als ein Einladungsfest für die Freunde Hintereggers aus der Kurve. Es sollte sich schon auch lohnen. Knapp 90 Euro kostet ein Festivalpass, Vip-Tickets natürlich noch mehr. Die Party sollte vom 16. bis zum 19. Juni zu Füßen von Schloss Albeck in Sirnitz stattfinden.
Das gehört Heinrich Sickls Mutter Elisabeth, die im Jahr 2000 für die FPÖ Bundesministerin war. Auch Sickl ist FPÖler und saß jahrelang im Stadtrat von Graz. Bonvalot beschreibt seine Nähe zur Identitären Bewegung in Österreich und seine Kontakte als Anführer des Freiheitlichen Akademikerverbands der Steiermark, einer Art FPÖ-Burschenschaft, zum Institut für Staatspolitik, dem neurechten Thinktank von Götz Kubitschek in Deutschland.
2019 haben die Burschen zusammen mit dem IfS eine Tagung zum Thema „Volk“ organisiert. Anmeldungen dafür sollten an Sickl gehen. Sein Name findet sich schnell auf der Seite des IfS im Netz. So wie er auf der Website des Hinti-Cups stand. Dort war Sickl als Ansprechpartner für Medien genannt. Seine Kontaktdaten konnten bis Donnerstagvormittag dort noch eingesehen werden. Dann war die Seite nicht mehr zu erreichen.
Politische Ahnungslosigkeit
Die Seite des Journalisten und Experten für die FPÖ und rechtsextreme Umtriebe im Land, Michael Bonvalot, war da schon lange nicht mehr zu erreichen. Es gab wohl zu viele Zugriffe. Die Geschichte von Hintereggers Geschäften mit einem rechten Politiker machten dennoch weiter die Runde. Screenshots von Bonvalots Blogpost wurden in den sozialen Medien geteilt.
Dort war zu erfahren, dass sich Martin Hinteregger und Eintracht Frankfurt Bonvalot gegenüber wohl nicht zu der Recherche äußern wollten. Eine Frist von 24 Stunden habe er dem Klub eingeräumt, so Bonvalot via Twitter. Als die verstrichen war, machte er seine Recherche öffentlich. Eintracht Frankfurt und Martin Hinteregger waren in der Defensive.
Der Spieler reagierte am Donnerstagmittag auf die Enthüllungen. „Es ist unglaublich, dass ein Unbekannter Dinge über mich behaupten kann“, schrieb er auf Instagram. Fehler konnte er Bonvalot offenbar nicht nachweisen. Der Mutmaßung des Journalisten, wonach Hinteregger von den rechten Verstrickungen seines Partners gewusst haben muss, widerspricht der Fußballer in seinem Post jedoch vehement. „Ich habe keine Kenntnisse über vergangene oder zukünftige Aktivitäten seitens der Familie Sickl“, heißt es in seiner Rechtfertigung.
Nun hat er „aufgrund des aktuellen Wissenstandes“ alle Geschäftsbeziehungen zu den Sickls aufgekündigt. Wie der Hinti-Cup noch stattfinden kann, will er prüfen. Anschuldigungen, er könne rechts sein, seien nicht haltbar. „Ich setze mich weiter gegen jegliche Art der Diskriminierung ein“, schreibt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland