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Martha Karua aus KeniaDiese „Eiserne Lady“ kämpft für Menschenrechte in Ostafrika

Am Wochenende wurde Martha Karua in Daressalam festgenommen. Die Rechtsanwältin verteidigt zwei Oppositionsführer aus Tansania und Uganda.

Nairobi, Kenia, 6. August 2022: Martha Karuna spricht zu ihren An­hän­ge­r:in­nen Foto: Boniface Muthoni/Zuma/imago

Kampala taz | Martha Karua macht mehrere Macht­ha­be­r*in­nen in Ostafrika nervös. Am Wochenende wollte die kenianische Menschenrechtsanwältin, Politikerin und Aktivistin in Tansania einreisen. Doch bei ihrer Ankunft am Flughafen der Hafenstadt Daressalam wurde sie festgesetzt und sofort zurück nach Kenia abgeschoben. „Wir werden niemanden dulden, der oder die uns hier destabilisieren will“, donnerte Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan im Anschluss öffentlich.

Sowohl in Tansania als auch in Uganda vertritt die 67-jährige Anwältin die Oppositionsführer, die dort wegen angeblichen „Landesverrats“ vor Gericht stehen: den 57-jährigen Rechtsanwalt und Regierungskritiker Tundu Lissu in Tansania, dessen Prozess am Montag begann. Dafür wollte Karua nach Daressalam einreisen.

Und es gilt für den 69-jährigen Politiker und Arzt Kizza Besigye in Uganda, der in der Vergangenheit mehrmals bei Präsidentschaftswahlen gegen Ugandas Langzeitherrscher Yoweri Museveni antrat und der sich nun ebenfalls wegen mutmaßlichen „Landesverrats“ vor dem Militärgericht verantworten muss. Beiden prominenten Angeklagten droht die Todesstrafe, auch wenn diese in beiden Ländern nicht mehr vollzogen wird.

„Landesverrat ist eine politische Anschuldigung, und solche Verfahren müssen mit Argusaugen beobachtet werden“, stellt die Anwältin nach ihrer Abschiebung klar und unterstreicht, dass sie den Kampf nicht aufgeben wird. In Tansania stehen im Oktober dieses Jahres Wahlen an, in Uganda im Januar 2026. Die Regierungsparteien beider Länder sind seit Jahrzehnten weitgehend unangefochten an der Macht. Demokratische Rechte verletzten sie systematisch.

Sie verhandelte ein wichtiges Abkommen

Karua ist eine Kämpferin, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Das hat sie bereits als Justizministerin von 2005 bis 2009 in Kenia bewiesen. Es war die Zeit der Ausschreitungen entlang ethnischer Linien nach den Wahlen von 2007, als sich die beiden rivalisierenden Präsidentschaftskandidaten jeweils zum Wahlsieger erklärten. Die politische Krise führte zu Unruhen, in deren Folge über tausend Menschen starben. Als Justizministerin war Karua für den nationalen Zusammenhalt zuständig.

Sie beschuldigte damals in aller Öffentlichkeit Oppositionsführer Raila Odinga, die Massen zu „ethnischen Säuberungen“ angestachelt zu haben. Letztlich wurde sie zur Vorsitzenden eines Vermittlungsteams ernannt, das ein Abkommen zur Machtteilung zwischen den beiden Rivalen aushandelte. In der Reformkoalition, die aus diesem Kompromiss resultierte, behielt sie ihren Posten.

Erst 2009 trat sie unter großem Protest zurück. Die als streitlustig bekannte Juristin hatte versucht, im als inkompetent und korrupt geltenden Justizapparat aufzuräumen – vergeblich. Mit ihrem Rücktritt platzten die Hoffnungen auf eine Justizreform in Kenia.

Seit Karua ihr Comeback startete, mischt sie die Politik erneut gewaltig auf. Sie zog direkt vor Gericht, um die Ergebnisse der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahr 2017 anzufechten, und verklagte Kenias Regierung vor dem Ostafrikanischen Gerichtshof. Kurz vor den letzten Wahlen im Jahr 2022 ernannte Präsidentschaftskandidat Odinga seine einstige Opponentin Karua zu seiner Vizekandidatin.

Damit war sie die erste Frau in der kenianischen Geschichte, die für eine große politische Partei kandidierte. Dass sie nun als Anwältin die Regime in den Nachbarländern herausfordert, bringt ihr erneut den Spitznamen „Eiserne Lady“ ein.

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