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Markierung von PersonalausweisenZum Bleiben zwingen

Die Bundesregierung will Terroristen daran hindern, mit ihren Personalausweisen etwa über die Türkei auszureisen. Dafür sollen die Ausweise gekennzeichnet werden.

Das hatten wir doch schon mal: Halt, hier geht es nicht weiter. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Die Bundesregierung prüft eine Markierung von Personalausweisen, um potenzielle Extremisten an der Ausreise zu hindern. Es sei „die Möglichkeit zu prüfen, künftig auch Personalausweise zu kennzeichnen, damit diese nicht zur Ausreise etwa über den Transitstaat Türkei verwendet werden können“, sagte die SPD-Fraktionsvize Eva Högl der Welt vom Freitag. „Darauf haben wir uns mit der Union verständigt.“

Der Innenausschuss-Vorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) verwies in dem Blatt darauf, dass potenzielle Kämpfer für die Ausreise über die Türkei nach Syrien und in den Irak keinen Pass benötigten, sondern der Personalausweis genüge. Dieser könne jedoch nicht unter den gleichen Voraussetzungen eingezogen werden wie der Reisepass, da entsprechende Bestimmungen im Personalausweisgesetz fehlten. „Deshalb wäre es sinnvoll, wenn der Personalausweis zumindest mit einem sichtbaren Ausreisesperrvermerk versehen werden könnte, damit bei Vorlage des Personalausweises zum Zwecke des Grenzübertrittes deutlich wird, dass die Person das Land nicht verlassen darf.“

Die Grünen haben die Bundesregierung aufgefordert, eine Kennzeichnung von Personalausweisen möglichst rasch zu beschließen. „Das hätte schon längst passieren sollen und wäre viel effektiver als diese endlose Debatte über die Ausbürgerung von Dschihad-Rückkehrern“, sagte der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck am Freitag. Anhaltspunkt für eine solche Kennzeichnung könne etwa ein vom Geheimdienst aufgezeichnetes Protokoll eines Chats zwischen einem Extremisten in Deutschland und einer Terrorgruppe im Ausland sein.

In der Union wurden zugleich Forderungen nach Strafrechtsverschärfungen laut. Bosbach erinnerte daran, dass 2002 die damalige rot-grüne Bundesregierung auf Drängen der Grünen die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen straflos gestellt habe. Strafbar seien heute nur noch die aktive Unterstützung für terroristische Organisationen durch Mitgliederwerbung oder Spendenwerbung zur Unterstützung. „Deshalb plädiert die Union dafür, dass wir wieder zur alten Rechtslage zurückkehren und auch reine Sympathiewerbung für terroristische Organisationen unter Strafe zu stellen.“

Auch der Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU) plädierte in der Zeitung für eine Änderung des Strafrechts, „da bisher die bloße Terrorismusausbildung nicht strafbar ist, wenn nicht gleichzeitig eine konkrete Anschlagsabsicht nachgewiesen werden kann“. Hier müsse eine„ Strafbarkeitslücke“ geschlossen werden.

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16 Kommentare

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  • Im Iran gab es mal eine Holocaustkonferenz dort konnte man auch die Pässe abnehmen von einigen Deutschen im Vorfeld. Warum soll dass hier nicht auch gehen?? find ich sogar ein weitaus wichtigerer Grund als wenn sich irgendwelche Verschwörungstheoretiker über die absurdesten Thesen unterhalten.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Einigen wir uns auf Gestasi? Oder doch lieber Stapo?

  • Meines Erachtens hat der deutsche Staat nicht das Recht, Menschen an der Ausreise zu hindern.

     

    Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 12:

    "(2) Jedermann steht es frei, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen."

  • §3

    (1) Terroristen, die das sechste Lebensjahr vollendet haben, ist es verboten, sich in der Öffentlichkeit ohne einen terroristischen Halbmond zu zeigen.

    (2) Der terroristische Halbmond besteht aus einem handtellergrossen, schwarz ausgezogenen Halbmond mit Bombe aus gelbem Stoff mit der schwarzen Aufschrift „Terrorist“ und ist sichtbar auf der linken Brustseite des Kleidungsstücks fest aufgenäht zu tragen.

  • § 2

    Soweit Terroristen andere Vornamen führen, als sie Terroristen beigelegt werden dürfen, müssen sie zusätzlich einen weiteren Vornamen annehmen, und zwar männliche Personen den Vornamen Abdullah, weibliche Personen den Vornamen Abida.

  • § 1

    (1) Alle deutschen Personalausweise und Pässe von Terroristen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, werden ungültig.

    (2) Die Inhaber der im Abs. 1 erwähnten Personalausweise und Pässe sind verpflichtet, diese Ausweise der Paßbehörde im Inland, in deren Bezirk der Inhaber seinen Wohnsitz oder mangels eines Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat, innerhalb von zwei Wochen nach Inkrafttreten dieser Verordnung einzureichen. Für Terroristen, die sich beim Inkrafttreten dieser Verordnung im Ausland aufhalten, beginnt die Frist von zwei Wochen mit dem Tage der Einreise in das Bundesgebiet.

    (3) Die Ausweise werden wieder gültig, wenn sie von der Paßbehörde mit einem vom Bundesminister des Innern bestimmten Merkmal versehen werden, das den Inhaber als Terroristen kennzeichnet.

  • da leuchten bei mir gleich vier Alarmglocken:

     

    1. Dass ein deutscher Staat seine Bürger nicht ausreisen lässt ist

    erst ca 25 Jahre her, und in nicht so guter Erinnerung

    2. Wenn diesen Vermerk nur böse Islamisten kriegen, ist das quasi ein

    Gesimmungsvermerk. Das ist in Deutschland schon ein bisschen länger her, aber auch nicht in guter Erinnerung.

    3. Wer sagt dass es bei den bösen Terroristen bleibt?

    4. Was passiert, wenn jemand mit dem IS sympathisiert, und dann vom Deutschen Staat schikaniert und an der Ausreise gehindert wird?

    Wird der dann aufgeklährter Humanist, oder wird damit diese Weltsicht gefestigt, und er sucht sich

    halt hier entsprechende Betätigungsmöglichkeiten

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    "Die Bundesregierung will Terroristen daran hindern, mit ihren Personalausweisen etwa über die Türkei auszureisen. Dafür sollen die Ausweise gekennzeichnet werden."

     

    Kommt mir das jetzt eher wie Gestapo oder wie Stasi vor?

  • Wehret den Anfängen. Gekennzeichnete Personalausweise gab es lange nicht in Deutschland.

     

    Wenn so etwas wieder eingeführt würde, zunächst für eine Bevölkerungsgruppe, könnte man das schnell erweitern auf andere: Hartz IV-Empfänger, Religionsgemeinschaften, Vorbestrafte, etc. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

     

    Abgesehen davon hat Rugero recht: Ein fehlender oder markiert Ausweis hindert nicht an der Ausreise. Deutschland hat offene Grenzen und das Mittelmeer bietet reichlich Gelegenheiten unkontrolliert auf Booten in den Nahen Osten zu kommen.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Ariel Rozenbaum:

      "Wehret den Anfängen. Gekennzeichnete Personalausweise gab es lange nicht in Deutschland."

       

      Das mit dem Fingerabdruck in Pass bzw. Personalausweis (inzwischen ja leider fast EU-Weit) stammt auch faschistischen Zeiten...

  • Was für eine naive und gleichzeitig geschmacklose Idee.

     

    Gekennzeichnete Ausweise gab es in Deutschland zuletzt im Nazireich für Juden.

     

    An Naivität ist der Vorschlag nicht zu überbieten, wenn die Politiker davon ausgehen, daß sie damit eine Ausreise verhindern. Wenn ein Terrorist das Land verlassen will schafft der das mit oder ohne Paß bzw. Personalausweis. Der geht ja nicht an die Grenzen und sagt Grüß Gott ich ziehe in den heiligen Krieg. Terrororganisationen haben andere Wege.

     

    Politiker die solche Vorschläge hervorbringen disqualifizieren sich selber.

  • Die aktuelle Bundesregierung, sowie die Grünen (!), wollen deutsche Staatsbürger daran hindern, das Land zu verlassen. Um dies zu ermöglichen, bezeichnet man diese Menschen als "Terroristen" und zwingt sie dazu, in ihrem Personalausweis eine digitale KENNZEICHNUNG zu 'tragen'.

  • Ich hoffe die werden mit Funkchips markiert - dann haben es amerikanische Predatordrohnen einfacher die in Syrien oder im Irak zu finden.

     

    Und warum eigentlich zum Bleiben zwingen?

    Sollen Sie doch gehen und sobald sie da sind wird der Ausweiß automatisch ungültig.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Thomas_Ba_Wü:

      Tolle Idee. Haben Sie die aus einem Batman-Comic?

  • D
    D.J.

    Meine Verachtung gegenüber den Relativierern von IS steht außer Frage. Dennoch habe ich ein großes Problem mit dem Terrorismus-Begriff in der Überschrift. Es geht um mutmaßliche Sympathisanten, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Begriff sind, Terroristen zu werden. Beschränken wir uns auf die formalrechtliche Bedeutung des Terrorismusbegriffs. Damit fährt man immer noch am besten.

    Dass die Grünen in der Personalausweisfrage nicht herumzetern, überrascht mich positiv.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @D.J.:

      Naja, Volker Beck [...] sieht sich als potenzielles IS-Opfer und verliert dabei die Nerven.

       

      Wenn Sie mich fragen, ist der Mann von irrationalen Islam-Ängsten motiviert und merkt nicht, daß er jetzt in galoppierender IS-Panik völlig über die Stränge schlägt.

       

      Man hat das ja auch damals bei der monströsen RAF-Fahndung beobachten können: Sobald sich die Obrigkeit selbst bedroht fühlt, ist keine Maßnahme mehr zu groß, zu aufwendig, zu teuer, zu fragwürdig.

       

      Ich halte Volker Beck in dieser Frage für nicht ernst zu nehmen. Leider wird ihm die grüne Basis blindlings folgen. Sogar der homophobe braun-schwarze wird Mob ihn loben.

       

       

      [Die Moderation: Kommentar gekürzt.]