piwik no script img

Marina Mai über eine Rundumkontrolle im Dong-Xuan-CenterWenn die Polizei mit eigenen Dixie-Klos kommt

Die Mängelliste umfasst drei DIN-A-4-Seiten: Das Nagelstudio im Dong-Xuan-Center hätte coronabedingt jeden zweiten Arbeitstisch sperren müssen, um die Abstandsregeln zu wahren. Es hätte den Kontrolleuren ein Hygienekonzept vorlegen und dokumentieren müssen, welche Kundin wann im Studio war, damit man sie im Falle eines Corona-Ausbruchs erreichen kann.

Am Montag war Kontrolle in drei von acht Gewerbehallen im Dong-Xuan-Center mit insgesamt 143 Geschäften. Weil bei Stichproben vor einigen Wochen zahlreiche Verstöße gegen die Hygieneverordnung sowie Schwarzarbeit aufgefallen waren, kam die Polizei diesmal gleich mit 180 Beamten. Auch Bezirksamt und Finanzamt waren dabei. Sie hatten die drei nebeneinanderstehenden Hallen umstellt, sodass niemand hinein- und herauskam. Denn die Polizei kontrollierte bei diesem Anlass auch gleich, ob sich jemand illegal in Deutschland aufhält oder schwarzarbeitet. Dazu wurden alle 197 Anwesenden kontrolliert. Laut Polizei war ein Mann darunter, der mit Haftbefehl gesucht wurde. „Elf Personen versuchten zu flüchten, wurden jedoch angehalten und erkennungsdienstlich behandelt. Anschließend kamen sie wieder auf freien Fuß,“ sagt eine Polizeisprecherin.

Auch eine gewerberechtliche Kontrolle fand statt. So wurde etwa geprüft, ob jeder nur das Gewerbe ausübt, das er auch angemeldet hat, und ob Lebensmittelbetriebe die Kühlkette einhalten. Das Finanzamt interessierte sich für ein Spielcasino.

„Bei mir war alles in Ordnung“, strahlt eine vietnamesische Friseurin. Sie hatte den mittleren ihrer drei Friseurtische wegen der Coronakrise abgeschraubt, um den Mindestabstand zu wahren, und desinfiziert Arbeitsplätze und -werkzeuge regelmäßig. Mund-Nasen-Schutz tragen sie und ihre Kunden ohnehin, unter Vietnamesen ist das eigentlich selbstverständlich.

In anderen Läden gab es etliche Beanstandungen. Nach Polizeiangaben wurde 58-mal gegen die Infektionsschutzverordnungen verstoßen, viermal gegen den Jugendschutz und mehrfach gegen das Arbeitsrecht. Ein Lebensmittelladen musste wegen Verstößen gegen Lebensmittelhygiene und Tierschutz vorübergehend schließen. Ein Amtstierarzt erlöste rund 100 lebende Fische und zahlreiche Schalentiere in einem zu kleinen Becken von ihrem Leid. Eine Schildkröte wurde wegen Verstoßes gegen das Artenschutzgesetz beschlagnahmt.

Die Händler im Dong-Xuan-Center rechnen in den nächsten Tagen mit weiteren Kontrollen. „Die Polizei hat sich mobile Toiletten mitgebracht und die gleich stehen gelassen. Und sie hat die Halle, die intern für Schwarzarbeit bekannt ist, gar nicht kontrolliert“, erklärt ein Großhändler.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen