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Manipulation aus VietnamIm Stich gelassen

Vietnams Regime versucht offenbar, einen Kritiker in Deutschland in den sozialen Medien auszuschalten. Facebook lässt sich dabei austricksen.

Wurde auch Opfer eines Hackerangriffs: Exilblogger Bui Thanh Hieu Foto: rtr

Der aus Berlin publizierende vietnamesischstämmige Journalist Trung Khoa Le ist wieder zum Opfer von Cyberangriffen geworden. Er betreibt die Nachrichtenseite Thoibao.de (Die Zeit), eine gleichnamige Facebook-Seite und einen Youtube-Kanal. Zusammen haben sie laut Le 20 Millionen Zugriffe im Monat, 80 Prozent davon aus Vietnam. Der 50-Jährige bietet eine Gegenöffentlichkeit zu Vietnams zensierten Medien.

Doch mutmaßliche Kräfte des autoritären Regimes wie aus dem Geheimdienst oder der 10.000-köpfigen „Cyber-Armee“ hacken Nutzerprofile und tricksen dabei auch Facebooks Sicherheitssysteme aus. So wurde laut Le, der auch Todesdrohungen erhält, am 1. November seine persönliche Facebook-Seite gekapert. Das Passwort war geändert, Chats und Kontakte waren zugänglich. Über seine Seite kommuniziert Le mit Mitarbeitern in Asien und verwaltet die Thoibao-Facebook-Seite. Wollten sich Korrespondenten oder Informanten darüber wie bisher an ihn wenden, könnten sie bei Vietnams Geheimdienst landen. Am Vortag hatten schon sogenannte DoS-Angriffe Thoibao-Webserver abgeschaltet. Tagelang konnte Le nur noch per Youtube berichten.

Am 30. Oktober waren die Facebook-Seiten von vier vietnamesischsprachigen Auslandsmedien – neben Thoibao die Dienste der BBC, Voice of America und von Radio Free Asia – mit regimenahen Sprüchen geändert worden. Dies machte Facebook bald rückgängig. Doch Le war irritiert: Derjenige, der die Manipulationen vorgenommen hatte, ist nach Le vorliegenden Facebook-Protokollen identisch mit demjenigen, der später die Korrekturen im Auftrag der US-Facebook-Zentrale durchführte. „Könnte sich ein Mitarbeiter des vietnamesischen Geheimdienstes in die Zentrale von Facebook Vietnam eingeschlichen haben?“, fragt Le.

Am 22. Oktober hatten Hacker auf Les Facebook-Seite seinen Tod vermeldet. Daraufhin konnte er dort nichts mehr posten. Am Vortag war dies auch dem in Berlin lebenden Exilblogger Bui Thanh Hieu (200.000 Follower) passiert. Le ist verärgert: „Wie kann es sein, dass Facebook Nutzer in Deutschland für tot erklären und ihre Profile ändern kann?“ Erst nach zehn Tagen sagte ihm Facebook zu, dass er seine Seite bald wieder nutzen könne, was erst am Samstagabend der Fall war. Facebook wollte konkrete Anfragen der taz zu dem Fall nicht beantworten, sondern erklärte nur, dass man Nutzern ein zweistufiges Anmeldeverfahren empfehle. Le sagte der taz, dass er dies längst nutze, es aber offenbar nicht sicher sei.

Vorwürfe gegen Facebook

Die Stärkung der Meinungs- und Pressefreiheit, mit der sich Facebook gern rühmt, scheint in Vietnam ohnehin nicht der Maßstab des Netzwerkes zu sein. Denn dort beugt sich der Konzern seit zwei Jahren den Zensurwünschen des Regimes. Dies geht auf eine Entscheidung des Chefs Mark Zuckerberg zurück, wie zuletzt im Oktober auch die Whistleblowerin Frances Haugen im US-Senat berichtete und ein Dutzend von der Washington Post befragte Ex-Mitarbeiter des Netzwerks bestätigten. Demnach verdreifachte sich in Vietnam die Zahl zensierter Inhalte von Facebook, das dort das wichtigste Informationsmedium ist, in dem halben Jahr vor dem Parteitag der alleinregierenden Kommunistischen Partei im Januar 2020. Zuckerberg soll intern erklärt haben, dass zensierte Inhalte den Informationsbedürfnissen der Menschen dort mehr nützten, als wenn Facebook Vietnam verlasse.

Le kämpft seit Langem gegen Manipulationen. 2018 hatten ihn Unbekannte als Administrator einer Facebook-Seite eingetragen, die massiv Community-Standards verletzte, worauf alle Seiten Les gesperrt wurden. Youtube ließ sich 2020 mit Beschwerden wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen austricksen und sperrte über Monate Thoibao-Videos.

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