Mangelnde Wirtschaftlichkeit: Pumpspeicher kommt doch nicht
Die Energiewende braucht Stromspeicher. Ein innovatives Projekt fällt nun nach jahrelangen Verzögerungen flach.
Bei Baubeginn vor neun Jahren hatte das maßgeblich beteiligte Bauunternehmen Max Bögl noch große Hoffnungen in das durchaus innovative Konzept gesetzt: In die Fundamente von vier Windkraftanlagen auf den Limpurger Bergen wurden Wasserspeicher integriert. Diese sollten bei Stromüberschuss mit Wasser aus einem See am Rande des Flusses Kocher, 200 Meter tiefer gelegen, befüllt werden.
Mit dieser Flexibilität wollte man am Strommarkt Erlöse generieren. Bei einer installierten Windkraftleistung von 13,6 Megawatt und einer Speicherkapazität von 70 Megawattstunden sollte der Speicher die Windstromerzeugung von etwa fünf Stunden Volllast abpuffern können. Die Windkraftanlagen gingen bereits 2017 in Betrieb, das komplette System sollte 2018 betriebsbereit sein.
Dabei birgt der Neubau von Pumpspeichern ein hohes wirtschaftliches Risiko. Im Herbst 2017 stoppte Energieversorger EnBW sein großes Pumpspeicherprojekt Atdorf im Schwarzwald. Gleichwohl ging das zur Firmengruppe Max Bögl gehörende Unternehmen Naturspeicher weiterhin davon aus, aufgrund ihres besonderen Konzepts in Gaildorf wirtschaftlich arbeiten zu können.
Erst Verzögerungen, jetzt ganz Schluss
Die Firma erklärte damals, sie werde deutlich höhere Laufzeiten der Pumpen und Turbinen erreichen als die bisher in Deutschland betriebenen Pumpspeicher. Der Geschäftsführer des Unternehmens sprach von einer „nahezu uneingeschränkten Betriebszeit“: 3.000 Stunden im Jahr sollten die Pumpen laufen, 5.000 Stunden die Wasserturbinen. Die Anlagen wären damit fast rund um die Uhr in Betrieb gewesen – im ständigen Wechsel der Betriebsart, je nach Bedarf.
Doch der Bau verzögerte sich immer weiter. Ende 2022 führte die Firma langwierige Entwicklungs- und Testphasen sowie aufwendige Genehmigungsprozesse als Gründe an. Jetzt ist klar: Das Projekt wird ganz gestoppt. Die Entscheidung sei „unumgänglich“, hieß es aus dem Unternehmen. Gründe sollen auch Probleme mit der Druckrohrleitung gewesen sein, die die Windräder mit dem Unterbecken im Tal verbinden sollte.
So konnten auch die für Speicher deutlich attraktiver gewordenen Strommärkte das Ende nicht verhindern. Denn grundsätzlich bieten die Märkte Stromspeichern derzeit bessere Konditionen als noch vor einigen Jahren: An der Strombörse gibt es Phasen mit Preisen unter null, wenn das Wetter die Ökostromproduktion antreibt, aber auch enorme Preisspitzen im gegenteiligen Fall. Für das Abfedern dieser Extreme lassen sich gute Preise erzielen.
Das reichte offenbar nicht zur Refinanzierung der Investitionen rund um die Limpurger Berge. Womit auch viel Steuergeld in den Sand gesetzt wurde: Das Bundesumweltministerium hatte das Projekt mit 7,15 Millionen Euro gefördert.
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